Süddeutsche Zeitung

Neue Gruppierung:Nichts mehr mit Ziehvater

Der frühere Bürgermeister Helmut Forster sagt sich von der Bürgervereinigung Wolfratshausen los. Grund ist wohl ein Zerwürfnis mit seinem Protegé Klaus Heilinglechner.

Von Konstantin Kaip

Dass sich die politische Landkarte in Wolfratshausen kurz vor der Kommunalwahl gehörig verändern wird, hat offenbar persönliche Gründe. Der frühere Bürgermeister und derzeitige Wirtschaftsreferent im Stadtrat, Helmut Forster, will aus der Bürgervereinigung, die er 1995 mitbegründet hat, austreten und zusammen mit Manfred Fleischer, Richard Kugler und anderen eine eigene neue Gruppierung gründen. "Ich habe nicht mit der BVW als politische Gruppierung ein Problem", erklärt Forster zu den Gründen. "Sondern mit einigen Personen, mit denen ich nicht auf einer gemeinsamen Liste stehen will." Dies habe er seiner Fraktion bereits vor drei Wochen mitgeteilt. Den Entschluss, eine neue Gruppierung zu gründen, habe er jedoch erst kürzlich gefasst.

Eine dieser Personen - laut Forster sind es "sehr wenige" - ist Klaus Heilinglechner, sein einstiger Protegé und Nachfolger als Rathauschef. "Es ist kein Geheimnis, dass Herr Heilinglechner und Herr Forster Differenzen haben", erklärt der BVW-Ortsvorsitzende Thomas Eichberger. In Bezug auf die Liste der Gruppierung für die Kommunalwahl habe es "persönliche Differenzen" gegeben, "die nicht mehr auszuräumen waren". Als Forster ihn am vergangenen Freitag in einem Gespräch "ganz offen" von seinem Entschluss berichtet habe, habe ihn das "überhaupt nicht überrascht", sagt Eichberger. "Ich habe geahnt, dass da was kommen könnte." Es habe Gerüchte über ein Treffen der geplanten neuen Gruppierung am Donnerstagabend in der Mehrzweckhalle Farchet gegeben, die Forster dann bestätigt habe.

Anders klingt der Bürgermeister. "Es hat mich definitiv überrascht", sagt Heilinglechner über die Nachricht, die er am Freitag von Eichberger bekam. Forster sei schließlich sein "Ziehvater", der ihn 2008 zur Bürgervereinigung geholt und ihm "das Politische gelehrt" habe. Zwischen sich und seinem Mentor gebe es auch "keine unüberbrückbaren Differenzen", sagt Heilinglechner. Sicher habe man mitunter unterschiedliche Ansichten, etwa bei den Themen Mobilität und Wohnen. "Es ist wie in einer Familie: Irgendwann entwickelt sich jeder weiter", sagt Heilinglechner. "Er hat sich das wohl anders vorgestellt, wie ich das Amt jetzt führe. Aber das gehört zur Entwicklung dazu. Das sind normale Prozesse im Leben. Damit sollte man umgehen können."

Der Bürgermeister räumt ein, dass ihn Forsters Entscheidung auch persönlich getroffen hat. "Das beschäftigt mich schon", sagt er. Nun sei die gesamte Fraktion in einer schwierigen Situation. Wie die BVW damit umgeht, soll demnächst in einer Krisensitzung geklärt werden. Mit Forster, der in der Fraktion bleiben will, bis alle Formalien zur neuen Gruppierung geklärt sind, wolle er "auf jeden Fall" noch darüber sprechen. Dessen Entschluss sei aber fix. "Es gibt kein Zurück mehr", sagt auch Eichberger, der das Ganze "sehr, sehr schade" findet, aber betont, dass es seine Freundschaft zu Forster nicht berühren werde.

Ludwig Gollwitzer ist seit 2014 nur noch passives Mitglied der Gruppierung. Der 60-Jährige wäre damals gerne Bürgermeisterkandidat der BVW geworden, unterlag aber dem vom scheidenden Rathauschef favorisierten Heilinglechner. Forster habe wohl Probleme damit, dass "der Klaus seinen eigenen Kopf hat und auch durchsetzt", mutmaßt Gollwitzer. Die angekündigte neue Gruppierung diene indes weder der Kommunalwahl, noch dem neuen Stadtrat, glaubt er. "Wenn sie Sitze bekommt, sind noch mehr Kampfgeist und schlechte Stimmung programmiert." Wolfratshausen brauche Politik zum Wohle der Stadt "und nicht immer bloß persönliche Reibereien".

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SZ vom 01.10.2019/aip
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