Naturgenuss:Morgens um sieben

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Als Internatsschüler waren Richard Philipp die Zwangsspaziergänge durchs Isartal verhasst. Im Ruhestand kennt er nichts Schöneres, als in der Früh loszuziehen und Naturstimmungen mit der Kamera einzufangen

Von Susanne Hauck, Icking

Richard Philipp ist kein Mann großer Worte. Sprechen lässt der Ickinger lieber seine Fotografien. Modell steht ihm dafür die Natur. Einzigartige Landschaften einzufangen ist seine Motivation. Nun stellt er eine Auswahl seiner stimmungsvollen Bilder zum ersten Mal im Ickinger Rathaus aus.

Wie aus der Urzeit wirkt der Ickinger Stauweiher mit einem Baumstumpf, der aus dem Wasser ragt, und Wolken, die sich in der glatten Seeoberfläche spiegeln. Ein anderes Foto zeigt die Baumgruppe an der Walchstadter Höhe, die dramatisch vor blutrotem Horizont in die Höhe ragt. Der Tag erwacht, der gleißende Strahl der Morgensonne bricht sich am Holzkreuz. Auf dem nächsten Bild gleicht die Isar dem ungebändigten Amazonas mit undurchdringlichem Grün links und rechts des Flussufers. Nur, dass es sich dabei um keine Urwaldflora, sondern um heimischen Wald handelt. Man muss nicht um die Welt reisen, um unverbrauchte Motive vor die Linse zu bekommen.

Er verlässt sich auf sein Gefühl, das ihm sagt, dass der richtige Moment gekommen ist. (Foto: Richard Philipp)

Richard Philipp fotografiert am liebsten die Natur rund um Icking. Dass er ein Sportler ist, sieht man seiner schlanken Figur an. Auch wenn er schon im Ruhestand ist und es sich bequem machen könnte: Am liebsten zieht er sich morgens die Laufschuhe an, um auf seinen Runden durchs Isartal quasi nebenbei besondere Momente des Lichts, der Farben und der Stimmung einzufangen.

Ein großes Equipment braucht er nicht, eine kleine Spiegelreflexkamera reicht ihm schon. Er verlässt sich nicht auf teure Ausrüstung, sondern auf sein Gefühl, das ihm sagt, dass der richtige Moment gekommen ist. "Ich fotografiere ausschließlich aus der Emotion heraus", sagt der Hobbyfotograf. Das Licht müsse passen. In der Morgendämmerung sei es weich genug, um all die Details, die Kontraste und die Farben herauszuarbeiten, Schönheit und Anmut sichtbar zu machen, die tagsüber überstrahlt würden und im Verborgenen blieben. "Eigentlich muss ich dann nur abdrücken", sagt er. Ganz so bescheiden freilich müsste er nicht sein, schließlich ist die große Kunst in der Landschaftsfotografie die bewusste Wahrnehmung, das Sehen und Erkennen von Motiven. Und Philipp ist ein feiner Beobachter der Natur.

"Ich muss eigentlichnur abdrücken", sagt Richard Philipp. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Vor 30 Jahren ist er mit seiner Frau von München nach Icking gezogen. Die Gegend kennt er mittlerweile wie seine Westentasche. Schließlich laufe er 20 Kilometer die Woche, früher sogar dreimal so viel. "Da komme ich schon herum." Auffallend ist, dass viele seiner Bilder von der Isar, von Icking, Walchstadt und Irschenhausen im Frühling, Herbst und Winter aufgenommen wurden. Warum fehlt der Sommer? "So ein Morgenmensch bin ich dann auch wieder nicht", sagt Philipp und schüttelt den Kopf. "Für die schönsten Stimmungen müsste ich im Sommer ja schon um halb vier aufstehen, im Winter reicht es, wenn ich um halb acht Uhr loslaufe."

Philipp weiß ganz genau, wann er wo mit der Kamera stehen muss, um Impressionen wie diese einzufangen. (Foto: Richard Philipp)

Dass er diese Ausflüge in die Natur einmal so sehr genießen würde, hätte er sich als Kind nicht träumen lassen. Eigentlich habe er schlechte Erinnerungen, gesteht der ehemalige Schüler des Internats Kloster Schäftlarn. "Ich weiß noch ganz genau, wie wir mit den Patres immer diese schier endlosen Spaziergänge durch die Isarauen machen mussten." Und ihnen, den Zwölfjährigen, hätten die Schuhe nie richtig gepasst; sie seien entweder eine Nummer zu groß oder schon zu klein gewesen. "Mit der Schrittlänge der Patres konnten wir nie mithalten." Freunde haben ihn dazu überredet, seine schönen Landschaftsbilder mit anderen zu teilen. So ist es zu der Ausstellung im Rathaus Icking gekommen. Ob man seine Fotos denn auch kaufen kann? Da schaut Richard Philipp überrascht, darüber hat er noch gar nicht nachgedacht. Man könne sich bei Interesse ja mal unterhalten, meint er.

"Ickinger Ausblicke", Landschaftsfotografie von Richard Philipp, Rathaus Icking, Vernissage am Freitag, 16. November, 18 Uhr. Die Ausstellung ist bis Mitte Januar zu sehen

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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