Süddeutsche Zeitung

Nach Unfall:Radlerin schwer verletzt

Rennradfahrer wird zu Geldstrafe verurteilt

Von Benjamin Engel, Wackersberg

Der Zusammenstoß mit einem 40-jährigen Rennradfahrer hat für eine 48-jährige Frau dauerhafte Folgen. Fast vier Monate war sie nach dem Unfall Mitte Juli - sie war selbst mit dem Rad unterwegs - im Krankenhaus. Wegen Gesichtsbrüchen mussten ihr Platten unter die Haut gesetzt werden. Für ihre Zähne braucht sie Ersatz. Den kleinen Finger der linken Hand kann sie praktisch nicht mehr bewegen, weil das Gelenk zerstört ist.

Beide waren an einer scharfen Kurve auf dem Radweg neben der Bundesstraße 472 bei Wackersberg frontal aufeinandergeprallt. Dem Mann - er wurde an der Hand verletzt - warfen die Ermittler vor, unkontrolliert auf die Gegenfahrbahn geraten zu sein. Am Amtsgericht Wolfratshausen wurde er nun wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen á 50 Euro verurteilt. Er selbst hielt sich jedoch für unschuldig.

Beide sind erfahrene Radsportler, bis zu 10 000 Kilometer im Jahr auf dem Sattel unterwegs. Mitte Juli fuhr der Angeklagte gegen 15 Uhr auf dem drei Meter breiten Radweg aus Richtung Bichl nach Bad Tölz. Er hatte Kopfhörer im Ohr, hört leise Musik. Mit 35 Stundenkilometern fuhr er auf die Kurve zu, ließ sein Rad, wie er selbst sagt, vorher ausrollen. Ihm kamen drei Radfahrer hintereinander entgegen.

Was dann passierte, schilderten der Mann und die Frau unterschiedlich. Aus seiner Sicht überholte der Lebensgefährte der OP-Schwester die Dreier-Gruppe. Ihm konnte er gerade noch ausweichen. "Direkt dahinter kam die Frau", erklärte er. Daher habe er kaum noch reagieren können, sei frontal mit ihr zusammengestoßen. Deren schwere Verletzungen täten ihm leid. "Ich kann aber nichts dafür."

Unaufmerksam kam dagegen der Angeklagte dem 49-jährigen Lebensgefährten der Frau vor. "Er ist hochgeschreckt, wie er mich gesehen hat", erzählt er. Als sie sich entgegengekommen seien, habe er die anderen Radler schon vor der Kurve überholt gehabt. "Der ist auf meiner Seite daher gekommen", warf er ihm vor. Er sei kurz davor gewesen, den Mann anzuschreien. Die beim Unfall Verletzte gab an, die Dreier-Gruppe überhaupt nicht überholt zu haben. "Ich bin dahinter geblieben, weil ich weiß, dass die Kurve kommt." Derweil hatten die drei weiteren Radler teils gar nicht mitbekommen, überholt worden zu sein.

Dass der Angeklagte mit Kopfhörern geradelt war, konnte Amtsrichter Helmut Berger nicht nachvollziehen. "Das ist für mich völlig unverständlich", sagte er. Die Schilderungen der Frau und ihres Lebensgefährten seien sehr plausibel. Deren Verletzungen mit bleibenden Folgen seien schrecklich. "Sie ist Opfer ihrer Unaufmerksamkeit geworden."

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Quelle:
SZ vom 06.12.2017
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