Nach Tod eines Buben:Fachklinik wegen Schweinegrippe geräumt

An der Gaißacher Fachklinik ist ein Kind an Schweinegrippe gestorben. Doch auch wenn die Mediziner Entwarnung geben: Die Klinik wird erst einmal geräumt.

Suse Bucher-Pinell

In der Fachklinik Gaißach herrscht erstmal Erleichterung. Seit ein zehnjähriger Patient aus Franken vergangene Woche an Schweinegrippe erkrankt und in der Harlachinger Kinderklinik in München am Freitag gestorben ist, sind keine weiteren Erkrankungen festgestellt worden.

Nach Tod eines Buben: Die Gaißacher Fachklinik muss nach einem Schweinegrippefall desinfiziert werden.

Die Gaißacher Fachklinik muss nach einem Schweinegrippefall desinfiziert werden.

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Wir sind außerhalb der Inkubationszeit", sagte Carl-Peter Bauer, Medizinischer Direktor der Klinik, am Montag. In der Regel dauert es bis zu drei, manchmal vier Tage, ehe nach der Ansteckung Krankheitssymptome sichtbar werden. "Wir haben heute den fünften Tag", sagt der Kinder- und Jugendmediziner hörbar erleichtert.

Zwei weitere Patienten, die offenbar keinen Kontakt zu dem Zehnjährigen gehabt haben, seien ebenfalls an Schweinegrippe erkrankt. Sie seien behandelt worden und mittlerweile zu Hause in Norddeutschland angekommen. "Der Tod des Jungen ist ein tragischer Einzelfall", bedauerte Bauer.

Dass es sich um den Influenza-Erreger H1N1 handelte, ist inzwischen nachgewiesen. Der Junge war eine Woche in Gaißach, ehe er Fieber bekam und krank wurde. "Wo er sich infiziert hat, wissen wir nicht", sagte Bauer.

Dennoch wird es noch eine Zeit dauern, bis in der Klinik der Rentenversicherung Bayern Süd wieder Alltag einkehrt. Nach und nach reisen alle rund 140 Patienten ab, die teilweise von ihren Eltern begleitet in Gaißach zur Kur sind. Bis Mittwoch werden sämtliche Zimmer in den Patientenhäusern frei sein.

Am Sonntag neue Patienten

Erst am Sonntag werden die nächsten Kinder und Jugendlichen aufgenommen, die mit chronischen Erkrankungen wie Atemwegsleiden, Neurodermitis, Diabetes, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Fettleibigkeit und ihren Folgen behandelt werden. Sie bleiben in der Regel vier Wochen.

Üblicherweise verläuft der Bettenwechsel fließend, alle 14 Tage wird ein Haus neu belegt, nachdem die Räume routinemäßig gereinigt und desinfiziert worden sind. "Jetzt aber machen wir einen Schnitt", sagt Bauer. Das Haus wird komplett geräumt, um es bis zum Wochenende einer "Wischdesinfektion" zu unterziehen, bei der alle Oberflächen mit entsprechenden Reinigungsmitteln behandelt werden. Bauer möchte, dass die nächsten Patienten und Eltern beruhigt einziehen können.

Wer direkten Kontakt mit dem kranken Jungen hatte, mit dem antiviralen Medikament Tamiflu versorgt worden, das nach zwei bis drei Einnahmedosen so wirkt, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Grund zu Besorgnis sieht Bauer überdies nicht. Er hält das Risiko, sich an seiner Klinik mit dem Virus zu infizieren, nicht für stärker als anderswo im Landkreis, beispielsweise an Schulen.

Denn dass das Virus latent vorhanden ist, bestätigte der Chef des Tölzer Gesundheitsamts, Franz Hartmann. Er bekommt jede Woche zwei bis drei Ergebnisse von Laboruntersuchungen auf seinen Tisch, bei denen das Virus im Blut von Patienten nachgewiesen worden ist. Wie hoch die Dunkelziffer ist, vermag er nicht zu schätzen. Die Patienten wohnten verteilt quer durch den Landkreis, eine lokale Häufung sei nicht festzustellen. Vor einem Jahr, während der Influenza-Epidemie, seien es dagegen Hunderte Fälle jede Woche gewesen.

"Wir haben jetzt keine Epidemie - weder der Influenza, noch der Schweingrippe", betonte er. Den einen treffe das Virus, den anderen nicht. Der Verlauf der Erkrankungen sei zudem sehr unterschiedlich. Gefährdet seien vor allem Menschen mit geschwächtem Immunsystem, dazu gehörten auch Kinder mit chronischen Atemwegserkrankungen wie sie in Gaißach behandelt würden. Hartmann wie Bauer empfahlen, sich impfen zu lassen. "Auch jetzt ist eine gute Zeit, sofern man gesund ist", sagte Hartmann. Im Influenza-Impfstoff sei der Wirkstoff gegen die Schweinegrippe mit drin. "Es ist eine hoch ansteckende, gefährliche Virusinfektion", das dürfe man nicht vergessen. (Seite 3)

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