Nach dem Lockdown:Tischlein deck dich wieder

Coronavirus

Der Biergarten der „Flößerei“ an der Loisach ist vorbereitet, das Personal geschult. Wirt Dominik Tabak ist aber nur verhalten optimistisch. Den Umsatz vor Corona werde man nicht mehr erreichen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Am Montag dürfen die Lokale ihre Außenbereiche öffnen. Viele Wirte sind allerdings skeptisch. Sie scheuen den hohen Aufwand und fürchten zusätzliche Kosten

Von Felicitas Amler, Konstantin Kaip und Annika Bingger

Zum Haupteingang hinein und nach einem gemütlichen Aufenthalt hinten wieder hinaus: Das ist der Weg, den Besucher des Landgasthofs Klostermaier in Icking von Montag an nehmen. Dazwischen werden sie auf der Terrasse bewirtet. Endlich wieder zum Essen ausgehen! "Die Leute freuen sich", sagt Karin Schmid, Chefin des Klostermaiers. Denn von Montag an dürfen Biergärten und andere Freiluftlokale wieder öffnen. Ein paar Reservierungen gibt es im Klostermaier schon. Aber wie viele Gäste es am Ende sein werden - und vor allem, wie sie sich verteilen, das kann Schmid nicht vorhersagen.

Die bayerischen Regeln für die Bewirtung im Freien sind klar. Mundschutz ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter obligatorisch. Auch die 1,5-Meter-Abstandsvorschrift greift sowohl für Gäste als auch für Mitarbeiter. Doch es gibt auch Ausnahmen. Familien oder zwei Hausstände können an einem Tisch sitzen, auch mit weniger Abstand. Strikt ist hingegen die Open-Air-Sperrstunde: Um 20 Uhr müssen die letzten Gäste gegangen sein.

"Wir haben ja auf unserer Terrasse gut Platz", sagt die Klostermaier-Wirtin. Alltags sind es sechzig Sitzplätze mit Blick übers Isartal. Wie viele Gäste aber zu Corona-Bedingungen dort bewirtet werden können, lässt sich schwer vorhersagen. Wenn sich eine einzelne Person anmeldet, muss ein Tisch komplett für diese reserviert werden. Bei miteinander verwandten und befreundeten Gästen gilt: Pro Tisch maximal vier Personen plus Kinder. "Wir brauchen auf jeden Fall jemanden, der die Gäste empfängt", sagt Schmid. Sie erzählt, dass sie bereits einen Anruf hatte von jemandem, der eigentlich für 19 Uhr reservieren wollte. Aber um bis 20 Uhr fertig zu sein - "das schaffen wir nicht". Das habe sie dem Gast gesagt, und der habe den Tisch dann gern für 17 Uhr bestellt.

"Viel Freifläche"

Das Wolfratshauser Wirtshaus Flößerei öffnet seinen Biergarten am Loisachufer bei schönem Wetter am Montag um 11.30 Uhr, die Tische werden in gebührendem Abstand zueinander stehen. "Wir haben viel Freifläche, die wir nicht immer genutzt haben", sagt Wirt Dominik Tabak. "Da können wir gut entzerren." Am Freitag hat sein Personal noch eine Schulung erhalten, welche Maßnahmen zum Infektionsschutz zu beachten sind. An den Tischen sollen Schilder die Gäste daran erinnern, dass man zum Beispiel eine Maske tragen muss, wenn man auf die Toilette geht.

Tabak geht davon aus, dass am Eröffnungstag die meisten Tische besetzt sein werden. "Es gibt schon einige, die es kaum erwarten können", weiß er von seinen Stammkunden. Dennoch sind seine Gefühle vor der Wiedereröffnung "zwiespältig", wie er sagt. "Einerseits freut man sich, dass es weitergeht. Andererseits ist jetzt schon klar, dass wir nicht den Umsatz machen werden wie vor Corona." Lustige Stammtische werde es vorerst nämlich nicht geben.

Wie die meisten Gastronomen hat auch Tabak für den Verdienstausfall der vergangenen Monate Soforthilfe beantragt und seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Nun müsse sich zeigen, wie wirtschaftlich sein Gasthaus unter den Umständen betrieben werden könne. Schließlich habe man auch laufende Ausgaben. "Es ist eine Gratwanderung", sagt der Wirt. "Es könnte auch passieren, dass man öffnet und noch schlechter da steht als in Corona-Zeiten."

Warten auf den Normalzustand

Eine ähnliche Rechnung wie Tabak hat auch Antonio Pitari aufgemacht. "Durch die vorgeschriebenen Abstände der Tische haben wir nicht viel Möglichkeiten", sagt der Wirt der Tölzer Pizzeria Il Pappagallo. Weniger Tische bedeuteten zugleich auch weniger Gäste. Durch den Lieferservice und das Essen zum Abholen habe sich die Pizzeria in der Corona-Krise bislang zwar über Wasser gehalten, eine noch längere Ruhephase wäre jedoch fatal gewesen, sagt Pitari. Die Einnahmenverluste seien ohnehin nicht mehr auszugleichen. "Was einmal entgangen ist, ist entgangen und kommt auch nicht wieder", erklärt Pitari.

Viele Gastronomen sind skeptisch, ob der Betrieb mit den auferlegten Einschränkungen am Montag einfach so wieder anlaufen kann. Auch Pappagallo-Chef Pitari ist sich noch nicht ganz sicher, ob er seinen Wirtsgarten gleich am Montag wieder aufmachen soll. Die neuen Regelungen seien mit hohem Organisationsaufwand verbunden. "Wir freuen uns zwar wirklich sehr über die Regelung zur Wiedereröffnung", sagt er. "Aber wir hoffen trotzdem, dass bald wieder der Normalzustand einkehrt."

Seine Branchenkollegen sehen das ähnlich. Wo man auch anruft, überall heißt es, der Neustart sei zwar schön, aber noch gebe es zu viele Unklarheiten. Zudem fielen viele Familienfeste wie Taufen oder Kommunionsfeiern vorläufig noch weg. Das mache die Finanzplanung schwierig. Auch mit der Öffnung der Außenbereiche am Montag geht das Zittern in den Wirtshäusern, Restaurants und Cafés also offenbar weiter.

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