Süddeutsche Zeitung

Nach 15 Jahren:Die letzte Saison

Margit und Hubert Walther geben die Pacht der Tölzer Hütte ab. Sie zählt zu den ältesten ihrer Art am Brauneck.

Von Benjamin Engel

Für Hubert Walther, der mit seiner Frau Margit die Tölzer Hütte am Brauneck gepachtet hat, beginnen die Tage früh. Wenn das Personal um 9 Uhr eintrifft, ist er schon seit zwei Stunden beschäftigt. Hat es geschneit, muss er erst einmal die Flockenpracht von Hütte und Terrasse räumen. Zur Wintersaison gibt es keine Ruhetage. Dann hat die Tölzer Hütte täglich geöffnet, in diesem Jahr noch bis Ostermontag, 2. April. Damit könnte die Zeit am Lenggrieser Hausberg für Margit und Hubert Walther enden. Den Pachtvertrag mit dem Skiclub Bad Tölz - dem Verein gehört die Hütte - hat das Ehepaar beendet. Bis ein Nachfolger gefunden ist, wollen sie aber weitermachen.

Außer zur Revision der Bergbahn, je ein Monat im Herbst und Frühjahr, hat das Ehepaar immer auf der Hütte übernachtet. Sonst wäre die viele Arbeit kaum zu schaffen gewesen, sagt der 58-jährige Hubert Walther. Doch er ist zufrieden: "Es war eine schöne Zeit auf der Tölzer Hütte." Mit dem Tölzer Skiclub habe er hervorragend zusammengearbeitet. Mit Ende 50 habe er nun aber die Chance ergreifen wollen, nochmals etwas anderes zu machen. Er habe nicht warten wollen, bis sich Abnutzungserscheinungen einstellten, er den Gastbetrieb nicht mehr auf dem Niveau halten könne, das er von sich verlange.

In den 15 Jahren auf der Hütte hat Walther ein festes Team aufgebaut. Doch jetzt höre sein Koch auf. Ihm sei die Leitung eines Gastronomiebetriebs in Bad Tölz angeboten worden, sagt er. Zwei Studentinnen hätten jahrelang auf der Hütte gearbeitet. Jetzt seien sie mit der Ausbildung fertig. Daher habe er sich entschieden aufzuhören. Ein neues Team wieder aufbauen wollte er nicht mehr. "Man muss die Zeichen der Zeit sehen, wo es anstrengend wird", erklärt er. Die Nerven für die Gäste zu verlieren, das habe er vermeiden wollen.

Das Geschäft in der Gastronomie ist aus Walthers Sicht fordernder geworden: "Die Ansprüche der Gäste werden immer höher." Sei die Terrasse mit bis 200 Sitzplätzen an schönen Tag voll, dauere es eben manchmal etwas länger, bis das frisch gekochte Essen komme. Doch manche Gäste könnten sich nicht gedulden. Sie beschwerten sich sofort - und das auch gerne auf den sozialen Medienplattformen im Internet. Gerade die Kritik dieser Wenigen beschäftige ihn, auch wenn die überwiegende Zahl der Gäste unkompliziert sei. Als Walther die Hütte im Mai 2003 übernahm, hatte er keine Erfahrung im Gastbetrieb. Bis dahin hatte er für den Skihersteller Rossignol gearbeitet. Er war für das Marketing und die Kundenbetreuung, auch von Rennläufern, verantwortlich. "Ich habe Menschen betreut", schildert er. "Als Gastwirt ist die Dienstleistung ähnlich." Schließlich habe ihn seine Frau Margit unterstützt. Sie stamme aus einer Gastgewerbefamilie im österreichischen Sölden und habe die Tourismusschule besucht.

Walther liebt die Kontraste zwischen Berg und Wasser, ist am Walchensee aufgewachsen. Seit 1979 arbeitete er als Skilehrer am Brauneck. Dadurch lernte er das Gebiet und die Tölzer Hütte kennen. Als der Betrieb zur Pacht ausgeschrieben worden sei, habe er sich beworben, erzählt er. Für die Tourismusförderung hat sich Walther stets eingesetzt. Das Fest am Berg oder den Nordic-Walking-Park gestalte er mit.

Künftig will Walther auf jeden Fall als Skilehrer und Bergführer weiterarbeiten. Er organisiert Skitourenreisen. Kürzlich war er in Bulgarien. Noch im April geht es nach Island. Wenn alles planmäßig läuft, könnte ein Nachfolger die Tölzer Hütte zur Sommersaison übernehmen. Alles komme darauf an, wie schnell der Tölzer Skiclub einen neuen Pächter finde, berichtet Walther. Sonst werde er für die Übergangszeit im Sommer eben noch weitermachen.

An die 15 Bewerber für die Pacht haben sich aber schon beim Skiclub gemeldet. Vorsitzender Josef Pallauf ist daher zuversichtlich, schon bald einen Nachfolger für Walther zu finden. Mit ihm habe man beste Erfahrungen gemacht. "Wir können uns aufeinander verlassen", sagt er.

Die Tölzer Hütte zählt zu den ältesten am Brauneck. Als eine gewaltige Lawine die vom Skiclub gepachtete Skihütte beim Seekarkreuz im Februar 1935 wegriss, brauchte es Ersatz. Dem Verein gelang es, am Brauneck ein Grundstück für den Bau einer eigenen Hütte zu erwerben. Laut dem Vorsitzenden Josef Pallauf spendete damals sogar die Stadt Bad Tölz Holz. Die Mitglieder packten beim Bau selbst mit an, transportierten das Baumaterial weitgehend per Hand auf den Berg. Ende Oktober 1935 und damit lange vor dem Bergbahnbau 1957 konnte die Tölzer Hütte eingeweiht werden.

Zwischen 1952 und 1955 verpachtete der Tölzer Skiclub die Hütte teilweise an die Skiabteilung des FC Bayern. Aus finanziellen Gründen entschied er ich später für einen Wirt für den Gastbetrieb. Allein 29 Jahre lang, bis 2003, hatten Hilde und Stefan Gerg die Hütte bewirtschaftet. Als Eltern der Slalom-Olympiasiegerin Hilde Gerg machten sie die Hütte überegional bekannt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3924992
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.03.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.