Münsinger Bürgerversammlung:Enger, höher, mehr

Münsinger Bürgerversammlung: Mit der Kirche im Zentrum präsentiert sich Münsing als dörfliche Bilderbuchidylle. Durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum und steigende Baulandpreise werden sich die Ortsstrukturen verändern. Schon heute tut sich die Jugend schwer, bezahlbaren Wohnraum in Münsing zu finden.

Mit der Kirche im Zentrum präsentiert sich Münsing als dörfliche Bilderbuchidylle. Durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum und steigende Baulandpreise werden sich die Ortsstrukturen verändern. Schon heute tut sich die Jugend schwer, bezahlbaren Wohnraum in Münsing zu finden.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Bürgermeister Michael Grasl mahnt an, verdichtetes Bauen zuzulassen. Anders ließen sich gerade junge Leute kaum mehr am Ort halten. Er wünscht sich allerdings ortstypische Bauweisen

Von Benjamin Engel, Münsing

Es gleicht einem Déjà-vu: Wie im Vorjahr dominierte auf der Münsinger Bürgerversammlung am Dienstag das geplante Wohnstift für Senioren in Ambach. Die vier Entwürfe für das Architekten-Workshop-Verfahren liegen der Kommune vor. Wie Bürgermeister Michael Grasl (FW) verkündete, würden die Modelle in der Ratssitzung am Dienstag, 26. Juni, öffentlich vorgestellt. Der Antrag von Sebastian Wiedemann von der Initiative Ambach, schon auf der Bürgerversammlung die Konzepte zu präsentieren, wurde abgelehnt. Der Zusammenschluss von Anwohnern kritisiert die Dimensionen des Seniorenstifts mit 80 Wohneinheiten.

An den Gemeinderat appellierte Gustav Neumeister, Rechtsanwalt und Beirat im Ostuferschutzverband (OSV), die Alternativen darzustellen. Sollte das Vorhaben scheitern, könnte der Projektträger - das "Kuratorium Wohnen im Alter" (KWA) - ein auf Schlaganfall-Therapie spezialisierten Gesundheitszentrum errichten. Das hat sich das Unternehmen ebenso bewilligen lassen. "Eine Schlaganfallklinik wäre eine gewisse Beruhigung für ältere Bürger", sagte Neumeister. Wirtschaftlich könne Münsing mit Aufträgen für Handwerker und Arbeitsplätzen genauso profitieren wie von einem Wohnprojekt. Womöglich brauche es in diesem Fall kein aufwendiges Bebauungsplanverfahren.

Mit seiner Wortmeldung, dass die Klinik aus OSV-Sicht den geringeren Eingriff in die Natur darstelle, legte Neumeister Bruchlinien frei. OSV-Vorsitzende Ursula Scriba wies ihn brüsk zurecht, mitnichten für den Verband zu sprechen. Vorstandslinie sei es, mit der Kommune das Wohnprojekt weiterzuverfolgen. Als Beirat sei Neumeister nicht im Vorstand. "Du kannst hier nicht die Meinung des OSV vertreten", stellte Scriba klar. Bürgermeister Grasl erklärte, dass es gute Gründe für eine Seniorenwohnanlage gerade am Starnberger See gebe. KWA verfolge das mit Priorität. Das alternative Baurecht sei aufrechterhalten worden, weil es einen Vorbescheid gebe. Auch eine Klinik verursache Betrieb.

Gebaut wird in Münsing derzeit besonders intensiv. So errichtet die Kommune an der Hauptstraße Sozialwohnungen. Im Ortsteil Degerndorf entsteht ein neues Haus für Vereinsaktivitäten. Ergebnisse zum geplanten Bürgerhaus erwartet die Kommune Anfang August. Auch private Bauvorhaben häufen sich. Laut Grasl könne die Kommune diese Entwicklung nur steuern, aber kaum aufhalten.

Rein statistisch beansprucht jeder Münsinger laut dem Bürgermeister 58 Quadratmeter Wohnfläche. In Bayern liege der Wert bei 50 Quadratmetern. Von 1962 bis 2015 seien die Baulandpreise bundesweit um 1600 Prozent gestiegen. Beim Bodenrichtpreiswert liege Münsing im Landkreis durchschnittlich noch vor Wolfratshausen und Icking und damit an der Spitze. "Was bleibt uns also anderes übrig, als im Innenbereich Verdichtungen zuzulassen", erklärte Grasl. Oft bauten der Sohn und die Tochter im Garten der Eltern. Aufstockungen und Ausbauten im Bestand folgten damit. Doch andere Möglichkeiten hätten junge Leute oft nicht, um weiter in Münsing bleiben zu können. Die Kommune stehe dazu, auch selbst Wohnraum schaffen zu müssen.

In seinen Ausführungen appellierte Grasl aber auch an die Bauherren. Diese müssten sich bewusst sein, dass sie in einer gewachsenen Umgebung aktiv seien. Dachüberstände und ortsübliche Bauweisen seien wünschenswert. "Dabei muss man nicht jodeln", berichtete Grasl.

Bevölkerungszuwachs belastet darüber hinaus die Verkehrsinfrastruktur. Aus Sicht von Grasl lässt sich eine diskutierte Ortsumfahrung in den nächsten Jahren allerdings nicht realisieren. Dafür fehlten angesichts der vielen weiteren Projekte die finanziellen Mittel und die "Akzeptanz". Der aktuelle Ausbauplan für derartige Projekte gelte noch bis 2025. Wolle die Kommune die Ortsumgehung in Eigeninitiative vorantreiben, müsse sie diese planen und bauen sowie die Projektförderung durch den Freistaat beantragen. Die Kommune prüfe Entlastungsmöglichkeiten in kleinen Schritten. "Schnelle Wunder kann ich nicht versprechen", erklärte Grasl.

Eine rasche Lösung für leistungsstärkere Internetverbindungen in Degerndorf zeichnet sich genauso wenig ab. Dort betreibt DSL mobil das Netz. Weil das Unternehmen eigener Aussage nach Bandbreiten von 30 Megabit pro Sekunde bereithält, kann die Kommune förderrechtlich im Ort derzeit nicht ausbauen. Laut Grasl hat das die Bundesnetzagentur untersagt. Münsing hofft aber mit dem sogenannten Höfeprogramm mit dem Internetausbau weiterzukommen.

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