Als übergeordnete Verbindungsroute für den Autoverkehr hat die Münsinger Seestraße keine relevante Funktion mehr, nimmt aber wegen ihrer stark touristischen Nutzung eine besondere Zwischenstellung ein. Denn auf der nur mit Sondergenehmigung befahrbaren Strecke zwischen Ambach und Ammerland sind an schönen Tagen sehr viele Fußgänger und Radfahrer unterwegs. Das führt zu Nutzungskonflikten.
Tempo 30 steht auf der Seeuferstraße zur Debatte
Dafür verspricht sich der kürzlich aktiv gewordene Arbeitskreis Verkehrsberuhigung nun bessere Lösungsmöglichkeiten. Das rührt daher, dass das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen erneut anstößt, die bisherige Kreis- zur Gemeindestraße abzustufen. Aus Sicht des Arbeitskreises könnte dies die Kommune befähigen, eigenverantwortlich etwa Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Tempo 30 einzuführen oder besser gegen Falschparker vorzugehen, die etwa Rettungszufahrten blockieren.
Laut Michael Grasl lasse sich Verkehrsrecht nicht nach Gusto anwenden
„Ich möchte eine Entscheidung herbeiführen“, macht Münsings Bürgermeister Michael Grasl (Freie Wähler) auf Nachfrage deutlich. Gleichzeitig schränkt er ein, dass es keine Ideallösung geben werde, selbst wenn die Straße abgestuft und damit die Kommune alleinverantwortlich sei. Das Verkehrsrecht lasse sich nicht nach Gusto anwenden. „Wir werden nicht an jeder Ecke ein Tempo-30-Schild aufstellen können.“
In jedem Fall soll allerdings Münsings Gemeinderat in einer der Frühjahrssitzungen - voraussichtlich April oder Mai - darüber entscheiden, ob dem Vorstoß der Kreisbehörde zur Abstufung folgen will. Während der Amtszeit Grasls seit 2005 lehnte das Gremium dies insbesondere aus finanziellen Gründen zweimal ab. Denn damit wäre die Kommune dafür zuständig, die Straße am Ostufer des Starnberger Sees zu unterhalten. Für die Gemeindeverwaltung sowie den Bauhof werde dies Mehrarbeit bedeuten, so Grasl.
Aus rechtlicher Perspektive ist die Seestraße am Münsinger Ostufer nach dem Bayerischen Straßen- und Wege-Gesetz (BayStrWG) keine Kreisstraße mehr. Dafür müsste die Strecke dem überörtlichen Verkehr in und zwischen Landkreisen dienen, mindestens an einem Ende an eine Bundesfernstraße, Staatsstraße oder andere Kreisstraße angebunden sein.
„Diese Kriterien sind bei dem gegenständlichen Straßenabschnitt alle nicht erfüllt, da es sich um eine nur drei bis 3,5 Meter breite, nicht ausbaufähige Straße in einem parkähnlichen, äußerst sensiblen Naturraum entlang des Ostufers des Starnberger Sees handelt“, so Kreisbehörden-Sprecherin Sabine Schmid. Aufgrund der Gegebenheiten sei die Strecke für den Verkehr gesperrt und nur für Anlieger freigegeben worden. „Die stellt keine zufriedenstellende Lösung für Landkreis und Gemeinde dar.“
Der Arbeitskreis Verkehrsberuhigung weist darauf hin, dass die Seeuferstraße in der nördlich angrenzenden Kommune Berg (Landkreis Starnberg) bereits vor langer Zeit herabgestuft worden ist. Folge dem Münsing, könne die Kommune aus dieser Perspektive eigenverantwortlich Lösungen für die durch rasende Rad- und Autofahrer gefährdeten Anwohner finden.
Der Landkreis habe dem Vernehmen nach angeboten, die teils sanierungsbedürftige Seestraße selbst zu reparieren oder die Kosten dafür zu erstatten. Gleiches gelte wohl, um durch die Seestraße überbaute Teilflächen privater Grundstückseigentümer anzukaufen. Somit wäre laut dem Arbeitskreis Verkehrsberuhigung die Bedenken des Gemeinderats von 2018, gegen eine Abstufung zu stimmen, ausgeräumt.
Unterdessen untersucht das Büro Modus Consult, das sich ursprünglich auf den Hauptort Münsing konzentrieren sollte, auch Verkehrs-Brennpunkte anderorts wie etwa an der Holzhauser Ortsdurchfahrt oder eben an der Seestraße. Laut Bürgermeister Grasl sei dies unabhängig von der Abstufungsfrage zu sehen. Die Kommune müsse abwarten, ob sich durch die erlangten Daten Lösungsansätze zur Verkehrsberuhigung finden ließen. In der Abstufungsfrage zur Seeuferstraße lasse sich die Gemeinde nicht unter Druck setzen, so Grasl. „Wir machen schon selbst unsere Entscheidungen.“