Münsing:Sanierungsfall Sanatorium

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Früher kurten hier Heinz Rühmann und Gert Fröbe: Der Kurklinik Wiedemann in Ambach sieht man den alten Glanz noch an. Obwohl sie seit zehn Jahren brachliegt, stehen die Möbel noch herum.

Von Benjamin Engel, Münsing

Manche Scheiben des früheren Wiedemann-Sanatorium sind eingeschlagen, Böden in den Innenräumen mit Scherben und Gerümpel übersät. Im Hallenbad stapeln sich Liegen, Matratzen und Möbel wüst übereinander. Zwischendrin versprühen rote Vorhänge, golden verspiegelte Säulen und Stehlampen mit bronzefarbenen Füßen den Charme der 1970er-Jahre. Bis in die 1980er-Jahre hinein erlebte das Kursanatorium der Familie Wiedemann in Ambach seine Blütezeit. Zahlreiche Prominente zog es in den kleinen Ort am Ostufer des Starnberger Sees, um dort zu regenerieren. Dann übernahmen italienische Eigner den Betrieb, 2004 war das. Kurz darauf gingen sie pleite. Seit zehn Jahren stehen die Gebäude leer.

Der Verfall ist für Architekt Sebastian Wiedemann, einen Enkel des Sanatoriumsgründers Fritz Wiedemann, eine "traurige Geschichte". Er kann sich noch gut erinnern, wie er als Kind auf dem Gelände spielte. "Ich weiß noch, dass immer das Auto von Rudolph Moshammer vor der Tür stand". Doch neben dem Münchner Modeschöpfer kurierten sich im Sanatorium auch einstige deutsche Schauspielstars wie Liselotte Pulver und Gert Fröbe. Der Charakterdarsteller - seinen internationalen Durchbruch feierte als Bösewicht im James Bond-Film "Goldfinger" - hielt sich noch kurz vor seinem Tod im Jahr 1988 dort auf. Vor Publikum, darunter Schauspieler Heinz Rühmann, las er Erich Kästner. Wenige Tage später erlitt Fröbe einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er starb.

Wie ein Magnet lockte damals die sogenannte Wiedemann-Kur die Patienten nach Ambach. Fritz Wiedemann hatte diese ganzheitliche Therapiemethode entwickelt. Das Grundprinzip der Serum-Therapie bestand darin, die körpereigenen Selbstheilungs- und Regenerationskräfte zu stimulieren. Homöopathische Wirkstoffe, Spurenelemente, Mineralstoffe und Vitamine kamen zum Einsatz. Zu den Sanatoriumsangeboten gehörten Physiotherapie und Elemente fernöstlicher Medizin.

1909 war die Familie nach Ambach gekommen. In diesem Jahr kaufte Carl Wiedemann das sogenannte Waldschlössl am Simetsbergweg einschließlich dem umliegenden Grund. Sein Sohn Fritz eröffnete 1952 eine kleine Praxis in seinem Wohnhaus am Pilotyweg. Nur vier Jahre später erweiterte er die Praxis durch einen Anbau und ließ Patienten im Waldschlössl übernachten. Das war die Keimzelle des späteren Kursanatoriums. In den folgenden Jahrzehnten folgten stetig weitere Gebäude auf dem Hanggrundstück mit altem Baumbestand. Am Simetsbergweg entstand 1961 das Unterkunftshaus "Riviera I" - es gehört noch heute der Familie Wiedemann.

Später wurde das Waldschlössl umbaut. Dort entstand ein Speisesaal. In der ehemaligen Hauskapelle des Waldschlössls wurde die Schlössl-Bar eingerichtet. Das sogenannte Panoramahaus wurde Mitte der 1970er-Jahre erbaut.

Sebastian Wiedemann erzählt, dass das Sanatorium zur Blütezeit rund 80 Betten hatte. 60 Angestellte arbeiteten im Betrieb. Er bezeichnet seinen Großvater Fritz als treibende Kraft des Sanatoriums. Er sei umfassend interessiert gewesen, auch an Psychologie und Psychiatrie, und habe rund 20 Bücher geschrieben. Als der Großvater Anfang der 1990er-Jahre starb, sei das ein großer Einschnitt gewesen. Sohn Dieter übernahm die Wiedemann Pharma, der zweite Sohn Michael die Arztpraxis und der dritte Sohn Helmut führte das Sanatorium als Direktor weiter. Wie Sebastian Wiedemann erklärt, sei es dem Sanatorium zum Verhängnis geworden, dass die Krankenkassen um das Jahr 2000 die Kuren nicht mehr bezahlten.

Seit vielen Jahre stehen die Gebäude nun leer. Im Februar hat das "Kuratorium Wohnen im Alter" einen Großteil des Areals gekauft. Ein Seniorenstift soll entstehen. Sebastian Wiedemann hat dagegen eine Initiative gegründet. Er fürchtet, das Vorhaben könnte zu groß ausfallen und plädiert für eine kleinteiligere Bebauung.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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