Süddeutsche Zeitung

Gerichtsprozess in München:Richterin hält Rote Bete im Leberkäs für unbedenklich

Nach Ärger mit dem Tölzer Landratsamt klagt der Eurasburger Packlhof vor Gericht gegen ein Verbot des Pökelstoffs. Zur Veranschaulichung der Sachlage bringt dessen Anwalt eine ganze Reihe von Rote-Bete-Produkten mit in die Verhandlung.

Von Andreas Salch

Florian Holzmayr, Metzgermeister und einer der beiden Geschäftsführer der Bio-Metzgerei Packlhof versteht die Welt nicht mehr. Seit das Eurasburger Unternehmen nach dem sogenannten Bioland-Verfahren zur Herstellung von Fleischerzeugnissen, etwa Lyoner und Leberkäs, auf den Zusatz von Nitritpökelsalz verzichtet, hat es Ärger mit dem Tölzer Landratsamt. Den gewünschten Pökeleffekt bei Wurst erzielt die Bio-Metzgerei stattdessen durch die Zugabe von nitrathaltigen Gemüseprodukten: Rote-Bete-Pulver beziehungsweise Rote-Bete-Saft und Rote-Bete-Konzentrat. Eine Praxis, die deutschlandweit angewendet werde, sagt Holzmayr. Warum ausgerechnet das Tölzer Landratsamt dies der Bio-Metzgerei verbieten will, wisse er nicht.

Da die Packlhof GmbH auch künftig auf die Verwendung von Nitriten, die gesundheitlich nicht unproblematisch sein sollen, verzichten will, hat das Unternehmen am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht (VG) München gegen den Freistaat Bayern geklagt. Mit einer sogenannten Feststellungsklage will die Bio-Metzgerei erreichen, dass Lebensmittel mit dem Zusatz von Rote-Bete-Pulver, Rote-Bete-Saft und Rote-Bete-Konzentrat nicht gegen die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen über die Zugabe von Zusatzstoffen verstoßen. Die Eurasburger Metzgerei ist der Auffassung, dass mit der Zugabe nur ein aromagebender Zweck verfolgt werde. Außerdem handle es sich bei Rote-Bete-Produkten um Stoffe, die in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt würden.

Sein Nein zur Verwendung von nitrathaltigen Gemüseprodukten hat das Landratsamt der Bio-Metzgerei in zwei Bescheiden mitgeteilt und damit begründet, dass die Zugabe von Rote-Bete-Pulver, Rote-Bete-Saft und Rote-Bete-Konzentrat eine "technologische Zweckbestimmung" habe. Das heißt, dass von diesen Zusatzstoffen eine sensorische oder eine produktverlängernde Wirkung ausgehe, wie etwa die Konservierung oder Frischhaltung. Dies verstoße gegen die Lebensmittelzusatzstoffverordnung, argumentiert das Landratsamt.

Bei Rote-Bete-Saft handle es sich sicherlich um keinen "Lebensmittelzusatzstoff"

Die Vorsitzende Richterin der 26. Kammer indes sagte in der Verhandlung am Mittwoch, dass sie für die Verwendung etwa von Rote-Bete-Saft bei der Fleischherstellung durchaus Sympathie empfinde. "Rote-Bete-Saft" könne man ja in jedem Lebensmittelgeschäft kaufen. Außerdem werde Rote Bete mit vielen Säften konsumiert. Auch wenn es mit Rote-Bete-Pulver und Rote-Bete-Konzentrat etwas schwieriger sei, so handle es sich bei Rote-Bete-Saft sicherlich um keinen "Lebensmittelzusatzstoff", so die Richterin. Zur Veranschaulichung hatten Holzmayr, der Anwalt der Packlhof GmbH, Clemens Comans, und eine Vertreterin von Bioland denn auch gleich eine ganze Reihe von Rote-Bete-Produkten mitgebracht und diese vor sich auf ihrem Tisch im Sitzungssaal aufgestellt.

Ein Urteil in der Sache wird das Verwaltungsgericht nicht sprechen. Denn die von der Packlhof GmbH eingereichte Feststellungsklage ist nach Einschätzung der Richter wegen der bestandskräftigen Untersagungsbescheide des Tölzer Landratsamts nicht zulässig. Allerdings sieht so aus, also ob die Bio-Metzgerei künftig zumindest Rote-Bete-Saft zur Herstellung von Fleischerzeugnissen verwenden darf. Der anwaltliche Vertreter der Regierung von Oberbayern sagte in der Verhandlung, er werde mit der Kreisbehörde sprechen.

Der Anwalt des Packlhofs erklärte daraufhin, man werde die Klage wohl nicht weiter aufrechterhalten und stattdessen mit dem Landratsamt nach einem gemeinsamen Weg suchen.

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SZ vom 18.11.2021/kafe
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