München/Bad Tölz:Angeklagte gestehen Sparkassen-Überfall

Die beiden jungen Bankräuber, die im Oktober 2013 in der Filiale in der Tölzer Marktstraße kläglich scheiterten, schieben sich vor Gericht gegenseitig die Hauptschuld für die Tat zu

Von Christian Rost, München/Bad Tölz

Zwei junge Männer müssen sich seit diesem Montag wegen eines versuchten Raubüberfalls auf die Geschäftsstelle der Sparkasse in der Tölzer Marktstraße am Landgericht München II verantworten. Bei der Tat am 24. Oktober 2013 drohte der 20-jährige Igor V. mit einem Messer, während sein zwei Jahre jüngerer Spezl Patrick S. eine Geisel spielen sollte. Der Überfall scheiterte kläglich. Vor der Jugendstrafkammer legten die beiden Angeklagten Geständnisse ab - und schoben einander die Hauptschuld in die Schuhe.

Der erste Prozesstag im Münchner Strafjustizzentrum begann mit einer Überraschung für die Besucher in den Zuhörerreihen. Igor V. erschien halb vermummt mit einem Tuch über dem Kopf und einer Kappe im Sitzungssaal. Der Grund: Im Alter von sieben Jahren war er in seiner russischen Heimatstadt Furmanow von einem Kampfhund angefallen und durch die Bisse schwer entstellt worden. Er musste mehrere Operationen in Russland und Deutschland über sich ergehen lassen. Das Gericht unter dem Vorsitz von Thomas Bott billigte ihm deshalb zu, sein Gesicht teils verdecken zu dürfen während der Verhandlung.

Mit Kappe, Kapuze und Tuch vermummt hatte der Spätaussiedler laut Anklage auch die Sparkassenfiliale betreten. Ein halbe Stunde vor Geschäftsschluss gegen 17.30 Uhr ging er direkt zur Kasse, die mit Panzerglas vom Kundenbereich abgeschirmt ist. Seiner Aufforderung, "sofort alles Geld" herauszugeben, kam die an der Kasse sitzende Bankmitarbeiterin aber nicht nach. Sie nahm den Räuber schlichtweg nicht ernst, selbst als er ihr ein Messer zeigte und sagte: "Geben Sie mir das Geld, sonst bedrohe ich Ihren Kunden." Einige Meter entfernt stand Patrick S. und beobachtete das Geschehen. Er sollte sich eigentlich als vermeintliche Geisel zur Verfügung stellen, traute sich nun aber nicht mehr. Als die Kassiererin schließlich den Alarmknopf drückte, mussten die Angeklagten ohne Beute abrücken. V. wurde bereits am nächsten Tag von der Polizei festgenommen, im März dieses Jahres kam auch sein Freund in Untersuchungshaft.

Sparkasse Altstadt

Die Sparkassen-Filiale in der Marktstraße war am 24. Oktober vergangenen Jahres der Schauplatz eines eher kläglichen Banküberfalls.

(Foto: Manfred Neubauer)

Sie hatten in direkter Nachbarschaft der Bank im Lehrlingszimmer von Patrick S. gewohnt, der eine Ausbildung zum Koch machte. Der 18-Jährige hatte Probleme mit seinem Chef und stand kurz vor dem Banküberfall vor dem Rauswurf. Igor V. war bei ihm untergekrochen, weil er seinen Aushilfsjob bei einem Paketdienst verloren und keinerlei Geld mehr hatte. Nach seinen Angaben litt er zuletzt sogar Hunger. Auf die Frage einer Richterin, was er mit dem erhofften Geld aus dem Raubüberfall angefangen hätte, sagte V.: "Als erstes hätte ich mir etwas zum Essen gekauft."

Die Angeklagten hatten sich in einem Jugendheim kennengelernt und schon vor dem Überfall gemeinsam Straftaten begangen. Mal klauten sie in einem Supermarkt Zigaretten, mal tankten sie ohne zu bezahlen. Das waren im Vergleich zu ihrer letzten Tat aber Kleinigkeiten. Nun drohen ihnen längere Freiheitsstrafen, wobei für Igor V., der als Haupttäter wegen versuchter besonders schwerer Erpressung angeklagt ist, deutlich mehr auf dem Spiel steht. Patrick S. muss sich wegen Beihilfe verantworten.

Um ihre jeweilige Position zu verbessern, behaupteten die beiden Angeklagten, der jeweils andere hätte die Idee für den Überfall gehabt. "Ich habe das zunächst abgelehnt", sagte Igor V., was Richter Bott bezweifelte. Denn V. hätte laut eigenem Geständnis 90 Prozent der Beute bekommen sollen und S. den Rest. Bott riet den beiden Angeklagten dringend, "die Karten offen auf den Tisch zu legen". Der Prozess wird fortgesetzt, am Freitag könnte das Urteil gesprochen werden.

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