Es dauerte nicht allzu lang, dann brachte Mountainbiker Nico Kölbl schon das entscheidende Wort: "Ungeregelt" sei derzeit die Situation für die jungen Mountainbiker in der Region. Kreuz und quer im Wald würden sich manche ihre Wege bahnen, andere würden auf Wanderwegen bergab fahren, das alles sei allerdings kein Zustand, was auch Kölbl klar ist: Ein "geregeltes Miteinander im Oberland" wünschte sich der Europameisterschafts-Teilnehmer im Downhill-Biken. Doch: Es könnte noch dauern, bis dieser Wunsch in Erfüllung geht.
Eine durchaus konfrontativ zusammengestellte Gruppe hatte sich vergangenen Mittwochabend zu einem Webinar zum Thema Mountainbiken im Oberland eingefunden. Vor etwa 130 zugeschalteten und im Chat aktiv diskutierenden Teilnehmern sollten Mountainbiker Kölbl, Jörg Meyer, der Leiter der Bayerischen Staatsforsten in Schliersee, und Tanja Brunnhuber, Expertin für Besucherlenkung, erörtern, wie die Zukunft des Radlsports für alle Parteien am besten zu vereinen sei. Initiiert und geleitet wurde die Runde von Hans Urban, dem forst- und jagdpolitischen Sprecher der Grünen im Bayerischen Landtag.
Für Urban ist längst klar, dass es bei der Debatte um weitaus mehr geht als ein paar Trails für extreme Mountainbiker. Die junggeblieben E-Biker seien eine beachtliche touristische Zielgruppe für die Hotels und die ganze Region, sagte er. Eine Tatsache, der auch Brunnhuber nur zustimmen konnte. Die Verkaufszahlen, vor allem im E-Bike-Bereich, würden gerade durch die Decke schießen, so Brunnhuber. Man müsse Angebote machen für die Ausflügler und Gäste - so wie es andere Länder längst täten. In Schottland, Tschechien und den skandinavischen Ländern habe man nicht nur das touristische Potenzial, sondern auch den "sportlichen Mehrwert", der direkte Auswirkungen auf die Gesundheit habe, viel früher erkannt. Radlfahren sei wie Skifahren: Es gäbe die Familien, die Sportlichen und die Extremsportler. Alle drei Gruppen sollten Beachtung finden.
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Forst-Chef Meyer sah den "Erholungsdruck" auf den Wald als deutlich erhöht an, die E-Bikes hätten vor allem für größere Radien bei Ausfahrten und so für mehr Belastung im Wald gesorgt. Kritisch sah er jedoch das Vorgehen der jungen Downhill-Mountainbiker, die sich teilweise Schanzen in den Wald bauten und so aktiv Schaden an der Natur ausrichten würden. Auch Stirnlampen seien in der Dämmerung eine Belastung für das Wild. Meyers Ziel ist es, vor allem auf bestehenden Wegen ein "besseres Netz" hinzubekommen, in dem sich Radler und Wanderer bewegen könnten.
Bei Kölbl wurde schließlich vor allem der Ärger darüber deutlich, dass sein Mountainbikesport seit 15 Jahren in Bayern durchgeführt werde, aber erst jetzt Diskussionen über Wege und Ausbau von Streckennetzen in Gang kämen. "Den vielen, sehr guten Fahrern nimmt man so eine Chance", sagte Kölbl. Fakt sei nun mal, dass Trails gebaut werden würden, lieber legal, zur Not aber eben auch illegal. Auf die Absurdität, die jungen Mountainbiker nun in der Ausübung ihres Sports zu behindern, wies Kölbl auch noch hin: "Was gibt es denn schöneres als 15-Jährige, die in den Wald gehen?"
Das Fazit der munteren Debatte lieferte Urban schließlich recht prägnant ab: "Die E-Bikes sind besser geworden, die Struktur drumherum aber nicht." Dass etwas getan werden müsse, da waren sich alle Beteiligten einig. Aus Urbans Sicht sei eine regelmäßige Zusammenkunft wichtig, die Staatsforste sollten die Koordination für den Netzausbau übernehmen. Ob das allerdings schnell geschehen wird, um in diesem oder nächstem Sommer ein spürbar besseres Angebot für die Waldradler aufzubereiten, bleibt zu bezweifeln, denn trotz aller Höflichkeit: Inhaltlich liegt zwischen den Staatsförstern und den Mountainbikern ein tiefer Graben, der selbst mit einem noch so guten E-Bike schwer zu durchqueren wäre.