Mordkommission:Schöne Grüße, der Mörder

Mordkommission: Er sei Fan von schwarzem Humor und manchmal sehr zynisch. Dies sei eine Berufskrankheit, erklärt Josef Wilfling.

Er sei Fan von schwarzem Humor und manchmal sehr zynisch. Dies sei eine Berufskrankheit, erklärt Josef Wilfling.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Josef Wilfling war 22 Jahre Ermittler bei der Mordkommission in München. Seine Erlebnisse hat er in Büchern verarbeitet. Bei einem Vortrag in der Wolfratshauser Stadtbücherei ließ er die Zuhörer menschliche Abgründe erahnen

Von Julian Erbersdobler, Wolfratshausen

Auch Serienmörder schicken Grußkarten. Josef Wilfling bekommt sie an Weihnachten und Ostern. Dann schreibt ihm Horst David, der "Würger von Regensburg". Er hat mindestens sieben Menschen erdrosselt, zwei Prostituierte und fünf Frauen, die ihn als Maler in ihre Wohnungen ließen. Josef Wilfling hat den Mörder überführt und damit einen seiner größten Erfolge erzielt. 22 Jahre war er Ermittler bei der Münchner Mordkommission. Heute ist Wilfling pensioniert.

Der Mann hat in menschliche Abgründe geblickt. "Ich glaube, dass er noch mindestens vier Frauen umgebracht hat", sagt er bei seinem Vortrag in der Wolfratshauser Stadtbücherei. Es sind Sätze, die nachhallen. "Eines kann ich Ihnen versprechen: Die Realität ist grausamer als jede Fiktion." Der gebürtige Franke trägt Lederjacke, Hemd und Sportschuhe. Wenn er noch rauchen würde, könnte man ihn so in jeden deutschen Krimi schneiden. Er sei auch da, sagt Josef Wilfling, um mit Klischees aufzuräumen. "Nur Till Schweiger darf am Vormittag drei Leute erschießen und am Nachmittag noch mal vier." Generell störe ihn das Bild des saufenden, depressiven, kaputten Ermittlers, das in Büchern oder Serien gerne gezeichnet werde.

Wilfling erzählt den 50 Zuhörern an diesem Abend viele Geschichten, die sich kein Drehbuchschreiber hätte ausdenken können. Einige sind so grausam, dass es reicht, wenn man sie einmal hört. Andere tragen eine gewisse Komik in sich. Wilfling sagt selbst, er sei Fan von schwarzem Humor, manchmal sehr zynisch - Berufskrankheit. Und so berichtet er über ein Ehepaar, das mit dem Zug in die Berge fuhr. Der Mann habe seine Frau gleich zweimal von der selben Klippe gestoßen. Als sie dennoch nicht tot war, erschlug er sie mit einem Stein. Bis zur Pointe bleibt einem das Lachen noch im Hals stecken. Dann aber erzählt der Franke, wie sie den Mörder überführen konnten. "Der Mann hatte für seine Frau kein Rückfahrticket besorgt."

Wenn Wilfling solche Anekdoten zum Besten gibt, wundert es nicht, dass er in einem Interview vor ein paar Jahren gefragt worden ist, wo er selbst morden würde. Seine Antwort: im Norden Deutschlands. Auf keinen Fall in Bayern. Und das hat, wie er in der Bücherei erzählt, Gründe. "Bei uns sitzt man im Schnitt 21,5 Jahre bei einer lebenslangen Haftstrafe." In Bremen und Berlin seien es nur 15. Im weltweiten Ranking stehe Deutschland bei den Tötungsdelikten übrigens auf Platz 188 von 194 Ländern.

Da wirkt es fast ein bisschen paradox, dass Josef Wilflings Bücher "Abgründe", "Unheil" und "Verderben" heißen. Tatsächlich seien Ehemänner die gefährlichsten Menschen, sagt er, der seit 47 Jahren verheiratet ist. "Ich war schon oft an Tatorten, die aussahen, als hätte da eine Bilderbuchfamilie gelebt", sagt Wilfling. Jeder könne zum Täter werden, getrieben von Hass, Habgier, Eifersucht, Verzweiflung. Aber, und das sei das Gute: "Es gibt immer noch mehr anständige Menschen als böse."

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