Heißluftballon:Die Faszination, die Alpen von oben zu sehen

Heißluftballonfahrer Bernd Eberle bei der Montgolfiade Tegernsee

Hoch über den Tegernsee steigen Ballons jedes Jahr bei der Montgolfiade. Auf unserem Bild von 2015 ist ganz rechts Bernd Eberles Ballon zu sehen.

(Foto: Stefan Schiefer)

Mehr als 500 Fahrten hat der Münsinger Bernd Eberle schon mit dem Heißluftballon absolviert. Jetzt freut er sich auf die Montgolfiade am Tegernsee.

Von Benjamin Engel

Bernd Eberle hat für einen renommierten Automobilhersteller 30 Jahre in der Kundenbetreuung und Motorenentwicklung gearbeitet. Die leistungsfähigen Maschinen verwandeln Energie nach kontrollierten Abläufen in Bewegung. Eine Aufgabe wie geschaffen für den präzisen und vorsichtigen Münsinger. In seiner Freizeit überlässt sich der 63-Jährige dagegen dem freien Spiel der Elemente. Die Möglichkeiten bei seinem Hobby steuernd einzugreifen, sind begrenzt. Und häufig muss er spontan reagieren, auch wenn er alles sorgfältig geplant hat.

Karfreitag vor einem Jahr: Orkantief Niklas ist gerade über Süddeutschland hinweggezogen, es ist noch immer windig. Dazu schneit es, die Straßen sind vereist. Um 3 Uhr nachts klingelt Eberles Telefon. Stefan Reichart aus Greiling ist dran. In wenigen Stunden soll es losgehen: Mit dem Heißluftballon über die Alpen nach Venedig, in Höhen von 5000 bis 6000 Metern über dem Meer.

Eberle wundert sich wegen des Wetters. "Ich habe gedacht, das ist ein Aprilscherz", erinnert er sich. Doch kurz nach dem Anruf ist er schon unterwegs nach Bad Tölz. Planänderung: Die Windrichtung passt nicht. Statt bei Venedig wären die Ballonfahrer im kroatischen Rijeka gelandet. Über vereiste Straßen fahren sie also mit dem Auto ins rund 90 Kilometer entfernte Dorf Seeg im Allgäu.

Dort stimmen die Verhältnisse: Am Boden hat es wenig Wind, oben konstante Windgeschwindigkeiten von 120 bis 130 Kilometern pro Stunde. So starten die beiden Ballonfahrer mit acht weiteren Begleitern um 6.30 Uhr in die Luft. Drei Stunden später landen sie schon in Treviso nahe Venedig. Bei strahlendem Sonnenschein, wie sich Eberle erinnert. Noch jetzt schwärmt er und sagt: "Das würde ich jederzeit wiedermachen."

Ballonfahrer Bernd Eberle

Bernd Eberle hat seine Leidenschaft recht spät entdeckt und in den 23 Jahren seither mehr als 500 Ballonfahrten unternommen.

(Foto: privat)

Wie Heißluftballonfahren funktioniert

Wohin Heißluftballons fahren, gibt die jeweilige Windrichtung in den verschiedenen Luftschichten vor. Ballonfahrer können sie nicht steuern. Deshalb können sie meist auch nicht wieder am Ausgangspunkt landen. Ein sogenannter Verfolger muss dem Piloten im Auto samt Anhänger hinterherfahren. Beide sind per Funk miteinander verbunden. Eberle fasziniert die Nähe der Natur im Ballon. Nur ein zentimeterdickes Korbgeflecht trennt die Passagiere von der Tiefe. So könne jeder unmittelbar die Landschaft genießen, sagt Eberle.

Seine Leidenschaft hat er relativ spät entdeckt. Er wollte zwar schon immer fliegen, bewarb sich nach dem Abitur als Pilot bei der Lufthansa. Weil er aber Kontaktlinsen trug, bekam er eine Absage. "Da habe ich meine Pläne ad acta gelegt." Ein Segelfliegerschein habe ihn nie gereizt.

Eberle studierte Maschinenbau in Karlsruhe und fand schließlich Arbeit in München. In der Freizeit segelte er auf dem Starnberger See. In die Lüfte zog es ihn erst zu seinem 40. Geburtstag. Damals bekam er eine Ballonfahrt geschenkt und war begeistert. "Es ist toll, einfach aufsteigen zu können." Ein Jahr später machte er seinen Pilotenschein für Heißluftballone in Mainz. 2015 feierte er seine 500. Ballonfahrt. Alle rein privat, nie gewerblich.

Montgolfiade im Tegernseer Tal

Rund 1200 Heißluftballone und 1300 Piloten gibt es in Deutschland. Zahlreiche Festivals bieten ihnen Gelegenheit, sich näher kennenzulernen oder einfach zu fachsimpeln. Zu den bekanntesten zählt die "Tegernseer Tal Montgolfiade". Bereits zum 16. Mal heben die Ballonpiloten in diesem Jahr am Seeufer ab. Rund 20 Heißluftballone, Luftschiffe und Modellballone bieten vom 29. Januar bis zum 7. Februar ein buntes Spektakel. Wie in den vergangenen Jahren auch, ist der Münsinger Bernd Eberle dieses Mal wieder dabei.

Solange die Montgolfiade dauert, können Besucher auch eine Mitfahrt unter Telefon 08029/1221 oder info@ballooning-tegernsee.de buchen. Zu den Höhepunkten des Treffens zählt das Ballonglühen (jeweils Samstag, 30. Januar und 6. Februar um 19 Uhr). Die Piloten illuminieren dabei die Nacht an der Seepromenade in Bad Wiessee unter musikalischen Klängen mit den rötlichen Flammen ihrer Brenner.

Mehr als 50 Kunsthandwerker und Aussteller zeigen an den beiden Wochenenden (29. bis 31. Januar sowie 5. bis 7. Februar, jeweils 12 bis 22 Uhr) in Bad Wiessee ihr Können. Sportlich messen sich die Piloten zur Fuchsjagd um den Bräustüberl-Ballon-Pokal am Freitag, 6. Februar, von 10 Uhr an. Einer Ballon fliegt dabei als sogenannter Fuchs voraus und lässt ein Zielkreuz auf den Boden fallen. Die übrigen Piloten müssen den "Fuchs" verfolgen und dem vorausfahrenden Ballon so nah wie möglich kommen. Schließlich werfen sie Sandsäcke mit farbigen Kordeln ab. Ziel ist es, mit dem eigenen Sandsack das Zielkreuz am Boden zu treffen. Wer ihm am nächsten kommt, gewinnt.

Weitere Informationen im Internet unter www.montgolfiade.de bene

Wie ein Heißluftballon technisch funktioniert

Das Prinzip des Heißluftballons ist einfach: Mit einem Brenner erhitzen die Piloten die Luft im Inneren der Ballonhülle. Sie wird heißer und damit weniger dicht als die Umgebungsluft. So steigt der Ballon. Lässt der Pilot die Luft in der Ballonhülle abkühlen und betätigt den Brenner nicht, sinkt der Ballon. Die Außentemperatur gebe also Grenzen vor, erklärt Eberle: Ist es zu heiß, kann er nicht starten. Denn dann müsste er die Ballonhülle so stark erhitzen, dass das Nylon beschädigt würde. Er startet auch nur außerhalb der Thermikzeiten, bevor sich die Erdoberfläche erwärmt und gefährliche Aufwinde entstehen.

Eberle plant jede Fahrt umsichtig. Gefährlich seien in erster Linie starke Bodenwinde, erklärt er. Bei höchstens acht bis zehn Knoten, also rund 15 bis 18 Stundenkilometern, starte er mit dem Ballon. Bei mehr Wind könnte der Ballon plötzlich unkontrolliert aufsteigen oder umkippen. Ebenso braucht es klare Sicht. Deshalb prüft Eberle in der Woche vor dem geplanten Start regelmäßig die meteorologischen Daten. Seine Frau Inge nervt das ein wenig. Dauernd hänge ihr Mann für die Planung im Internet, sagt sie lachend. Trotzdem ist sie genauso von Heißluftballons begeistert wie ihr Mann.

In den vergangenen 20 Jahren hat sie ihn zu zahlreichen Ballonfestivals begleitet: 1998 waren sie bei der Balloon Fiesta in Albuquerque in den USA, eines der größten internationalen Treffen weltweit mit mehreren hundert Ballons, auch nach Las Vegas sind sie schon gereist. Eberle hat den Ballon per Lufttransport dorthin fliegen lassen. Regelmäßig besucht das Ehepaar auch Veranstaltungen wie die Montgolfiade im Tegernseer Tal oder die Mosel Ballon Fiesta bei Trier.

Ballonfahren ist ein teures Hobby. Laut Eberle kostet die ganze Ausrüstung mit Korb, Brenner und Hülle etwa 80 000 bis 100 000 Euro. Viele Ballonfahrer suchen sich deshalb Sponsoren. Auch Eberle hat seinen Ballon anfangs so finanziert. Kürzlich aber hat er ihn seinem Sponsor abgekauft. Mit dem Heißluftballon will Eberle noch so lange fahren, wie es seine Gesundheit zulässt. Zu faszinierend findet er es, das grandiose Alpenpanorama von oben zu genießen. Das Wetter beobachtet er jederzeit genau. "Es ist das Wichtigste, kein Risiko einzugehen", sagt er.

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