Mitten in Wolfratshausen: Bayerisch für Berliner

"Hackepeter" in einer bayerischen Metzgerei! Da hört's doch auf, oder?

Im Zuge unserer Bemühungen, in dieser Kolumne schlechte Laune zu verbreiten, murren wir heute über den grassierenden Sprachverfall, genauer gesagt über den Niedergang des Bayerischen in Metzgereiketten, namentlich am Wolfratshauser Obermarkt. Es gibt da nur eine Filiale dieser Kette, die wir wegen möglicher Geschäftsschädigung aber nicht näher benennen. Was uns an einem regnerischen Nachmittag, im Wortsinn vorübergehend, die Stimmung verschlagen hat, ist die auf einer Schiefertafel handgepinselte Werbung im Schaufenster: "Hackepeter-Pflanzerl". Eine Metzgerei, die so bayerisch ist, dass sie sogar saures Lüngerl in Dosen anbietet, die also kommt mit einem Hackepeter-Pflanzerl daher. Da erhebt sich die Frage, ob wir eigentlich im einundzwanzigsten Jahrhundert im Freistaat leben oder vielleicht doch im Jahr 1903 in Berlin, dort, wo der Hackepeter angeblich in einer Gaststätte an der Landsberger Allee entstanden sein soll. Eine Straße ähnlichen Namens gibt es übrigens auch im durchaus bayerischen München, und sie hat, nun ja, auch mit fleischlichen Verführungen zu tun. Nur, dass aber die Damen dort eher aufgebrezelt aussehen als durch den Wolf gedreht. Egal, wir konstatieren jedenfalls erstens, dass das Hackepeter-Pflanzerl eine Tautologie darstellt, denn sowohl beim Hackepeter als auch beim "Pflanzerl" handelt es sich um Hackfleisch, berlinerisch formuliert wäre dieses Objekt der Begierde dann wohl eine Buletten-Bulette. Ebenso entschieden wenden wir uns, zweitens, gegen das Diminutivum "Pflanzerl", das ein Ableger der unseligen, um sich greifenden Verniedlichungsterminologie auf bayerischen Speisekarten ist: statt Knödel Knöderl, statt Braten Braterl mit a bisserl am Soßerl, dazu ein paar Kartofferl. Zum Davonlaufen! So was entstammt nicht der bayerischen Seele, sondern den Köpfen von Brauerei- und Metzgereikettenmanagern. Genehmigt ist nur das "Saure Lüngerl", das ist bayerisch gesagt okay. Dass die erwähnte Metzgerei auch noch Sandwich-Pflanzerl anbietet, erwähnen wir nur am Rande, ist eh schon egal. Wir machen uns längst gefasst auf das original bayerische Börger-Pflanzerl.