Mitten in Geretsried:Tiefgekühlt gegen die Erderwärmung

Das Unternehmen Franco Fresco bietet mit Gustavo Gusto "die erste klimaneutrale Tiefkühlpizza Deutschlands" an. Das klingt fast so toll, wie wenn der Münchner Flughafen mit einem klimaneutralen Gebäude wirbt

Kolumne Von Nora Schumann

Weniger Flugverkehr, weniger Autofahren, mehr tierfreie Kost: Es gibt viele Möglichkeiten, den eigenen CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Aus Geretsried kommt nun eine gute Nachricht für alle Menschen, die spät arbeiten, verkatert sind oder schlicht zu bequem, um selbst zu kochen - und die trotzdem "den Klimaschutz irgendwie schon wichtig finden". Das Unternehmen Franco Fresco bietet mit Gustavo Gusto "die erste klimaneutrale Tiefkühlpizza Deutschlands" an, zertifiziert von der Unternehmensberatung Fokus-Zukunft. Eine Tiefkühlpizza, die keine Emissionen verursacht, das klingt fast so toll, wie wenn der Münchner Flughafen mit einem klimaneutralen Gebäude wirbt.

Klimaneutral, das bedeutet in diesem Fall, den eigenen CO₂- Fußabdruck zu berechnen, die verursachten Emissionen umrechnen zu lassen und dann "auszugleichen", indem Geld an Projekte, wie beispielsweise gegen die Abholzung des brasilianischen Regenwalds, gespendet wird. Wen kümmert es da eigentlich noch, dass Millionen von deutschen Rindern und Schweinen Unmengen an Emissionen erzeugen oder dass der Italiener mit seinem Restaurant an der Ecke mit drei Euro pro Pizza nicht mithalten kann? Immerhin wird ein Teil des Urwalds nicht mehr abgeholzt und das Orang-Utan- Baby ist dank der Spende in der Auffangstation versorgt.

Wirklich praktisch, so ein Klimazertifikat. Man kann bei der Discounter-Salami 40 Cent sparen und das Geld für den Bau von Windkraftanlagen spenden - aber bitte nicht in der eigenen Nachbarschaft, versteht sich. Diese Windräder sind dann doch arg hässlich und verschandeln das Panorama.

Eine Frage bliebe aber doch noch zu stellen: Muss man mit der Zubereitung der Tiefkühlpizza warten, bis wieder sommerliche Backofentemperaturen herrschen, oder wie genau zerläuft der Mozzarella dann klimaneutral "so gleichmäßig, wie kein anderer Käse"? Vielleicht kann da der Italiener an der Ecke weiterhelfen. Gerüchten zufolge sollen auf seiner Restaurant-Terrasse klimaneutrale Bäume stehen.

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