Süddeutsche Zeitung

Mitten in Geretsried:New York, Tokio, Gartenberg

Lesezeit: 1 min

Stadtfahrtvideos gibt es nicht nur von Berlin oder New York, sondern auch von Geretsried

Von THekla Krausseneck

Fremde Orte sehen, die man so bald nicht bereisen wird: Die Internetplattform YouTube macht's möglich. Sie bringt uns zum Beispiel nach Tokio. Eine vierspurige Straße streckt sich vor der in der Windschutzscheibe installierten Kamera aus, Häuser mit abgerundeten Fassaden streben in den Himmel, auf denen viele Stockwerke hohe Werbedisplays glühen. In einer Dubliner Variante sitzt der Filmer in einem Doppeldeckerbus, man sieht abgefahrene Straßenmarkierungen, schmale Fußwege, Pub-Eingänge, ein Wahlplakat: "Yes!" Weiter geht es nach Kairo. Ein Fluss, eine Fähre, Palmen, Handy-Werbung, die elfenbeinfarbenen Minarette einer Moschee. Videos wie diese gibt es von praktisch allen bekannten Orten der Welt, Guatemala, Berlin, New York - und mitten drin: Geretsried. Fichtenwald, parkende Autos, Bushäuschen. Noch mehr Fichten. Mülleimer, ein Fußgänger. Straßenbegleitgrün. Fichten. Das graue Dach der Maria-Hilf-Kirche lugt zwischen Baumwipfeln hervor. Geduldig folgt der Filmer einem polnischen Euro-Jumbo-Laster an einer endlosen Reihe parkender Autos vorbei, um ihn an der Herglotz-Kreuzung (ein Höhepunkt!) zu überholen und auf die Adalbert-Stifter-Straße zu rollen.

Achteinhalb Minuten lang geht es von Stein nach Gartenberg - vorbei am Waldfriedhof, am Schulzentrum, an der Högl-Kreuzung. Anders gesagt: Ralph D., Regisseur dieses zur Meditation anregenden Videos, hat kein Highlight ausgelassen. Bis auf das Rathaus. Zu diesem biegt er nicht ab - stattdessen geht es schnurstracks weiter in Richtung Kirchplatz. Währenddessen tönt aus den Lautsprechern im Hintergrund - wie es sich für ein ordentliches Stadtfahrtvideo gehört - ein Club-Mix von Neo Cortex, der dem Ganzen ein wenig Need-for-Speed-Flair verleiht. Genau 1687 Klicks hatte das Video bis Dienstagabend; gesammelt seit Juli 2013. Und User sulphiz schrieb vor zwei Monaten: "Vielen Dank!"

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Quelle:
SZ vom 09.09.2015
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