Mitten in Geretsried:Der Bauausschuss fährt Bobbycar

Der Bauantrag für einen Indoorspielplatz weckt bei den Stadträten tiefe Kindheitserinnerungen

Von Felicitas Amler

Es sind eher die trockenen, ja, man darf ruhig sagen: bürokratischen Dinge, die Raimund Stumpfhauser gewöhnlich im Bauausschuss des Geretsrieder Stadtrats vorzutragen hat: Geschossflächenzahl, Abstandsfläche, Zulässigkeit des Vorhabens nach Paragraf 3 . . . Stumpfhauser ist Mitarbeiter des Bauamts und als solcher immer dann in den Sitzungen gefragt, wenn Bauanträge im Dutzend abgehandelt werden. Selten die Momente, in denen er da aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. So aber am vergangenen Dienstag bei Tagesordnungspunkt 4.11.

Da sah sich Stumpfhauser doch zu einer kleinen persönlichen Bemerkung veranlasst. Über das Spielen in seiner eigenen Kindheit - notabene das Spielen im Freien sagte er fast ein bisschen mokant: "Wir sind halt früher nass geworden oder haben einen Regenmantel und Gummistiefel angezogen." Heutzutage aber - Stumpfhauser staunte genauso wie die Stadträte - heutzutage also gingen Kinder zum Spielen in eine Halle. Oho. Zum allerersten Mal hatten der Baufachmann und die Stadträte es mit einem Bauantrag für einen "Indoorspielplatz" zu tun. Am Keplerweg in Geretsried soll ein solcher entstehen. Vielfarbige Skizzen wurden auf die Leinwand gebeamt: Tischtennis, Bobbycar-Rennstrecke und Ninja-Spielhalle.

Das Gelächter war groß. Bobbycar-Rennen - das wär' doch auch mal was für die Räte. Oder für Stumpfhauser? Der stattliche Mann winkte unter Verweis auf die Tragfähigkeit der Gefährte ab. Und Ninja-Warrior? Hans Hopfner schmunzelte: "Da rührt sich was!" Der SPD-Sprecher meinte, dergleichen könne Enkelkinder durchaus interessieren, und erwies sich als wahrer Kenner der Szene: In Bad Wiessee gebe es einen Indoorspielplatz. Prompte Antwort von Bürgermeister Michael Müller, in seinem früheren Leben Mitarbeiter der Staatlichen Lotterieverwaltung: "In Bad Wiessee gibt's auch für die älteren Kids eine Indoorspielhalle." Ein Beschluss, den einen oder anderen Schuppen einmal gemeinsam aufzusuchen, wurde aber nicht gefasst. Es blieb am Ende doch alles hübsch bei der bürokratischen Ordnung. Antrag einstimmig gebilligt. Und dies obwohl niemand sagen konnte, wie viele Autostellplätze im Freien für das Spiel drinnen nötig sein werden. Da musste auch der sonst so paragrafenkundige Stumpfhauser passen: Ein Indoorspielplatz sei in der städtischen Stellplatzsatzung einfach nicht vorgesehen.

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