Mitten in der Zwischenzeit:Einfach mal genießen

Die Zeit zwischen den Jahren trägt ihren Namen aus gutem Grund

Kolumne von Konstantin Kaip

Es ist ja lange darüber diskutiert worden, was man tun sollte, als der 24. Dezember in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel. Kann man sich so viel Stillstand leisten?, wurde gefragt, und im Ergebnis hatten manche Läden tatsächlich auch am Sonntag noch einige Stunden geöffnet. Etliche blieben freilich zu. Drei ganze Ruhetage hintereinander also für die meisten Menschen. Ganz schön lästig würde das für die Konsumenten. Das hatten zumindest die vermutet, die nach offenen Läden gerufen hatten. Am zweiten Weihnachtsfeiertag hätte es also viele düstere Gesichter auf der Straße geben müssen in Wolfratshausen, wo jeder Laden zu war. Aber unter strahlend blauem Himmel flanierten auffällig viele Menschen mit sichtlich entspannten Gesichtern durch die Marktstraße und an der Loisach entlang. Und gegenüber auf der Eislauffläche gab es kaum noch Platz für die vielen gut gelaunten Schlittschuhläufer. Sie alle machten den Eindruck, als kämen sie mit dem Stillstand bestens zurecht.

Nun, wo die Dinge wieder laufen, die Läden geöffnet haben und die ein oder anderen Büros besetzt sind, mag man wieder Zeit haben für die wichtigen Erledigungen des Alltags. Wenn man aber ehrlich ist, hat die Zeit zwischen den Jahren doch letztlich wenig mit Alltag zu tun. Sicher: Manch einer sitzt fieberhaft über der Steuererklärung, viele Menschen reihen sich in der Post oder im Supermarkt in lange Schlangen ein, und auch die Redaktion dieser Zeitung ist besetzt, um dem Leser die wichtigsten Neuigkeiten zu berichten. Wenn auch oft recht wenig passiert zwischen Weihnachten und Neujahr.

Kein Wunder. Denn die Zeit zwischen den Jahren trägt ihren Namen aus gutem Grund: Sie gehört nicht mehr wirklich zum alten, aber auch noch nicht zum neuen Jahr. Es ist eine irgendwie traumwandlerische Zeit des Übergangs zwischen einem Ende und einem Anfang. Auch wenn es nicht so aussehen mag: Der Stillstand geht noch ein paar Tage weiter. Und das hat wenig mit Ladenöffnungszeiten zu tun. Vielmehr ist er nötig, damit die ganze Maschinerie dann wieder anlaufen kann - wie eine Art Reifenwechsel am Rad der Zeit. Ob man nun arbeiten muss oder ein Paket zurückschicken oder den Koffer für den Urlaub packen: Die Tage zwischen den Jahren bleiben eine Zwischenzeit. Und weil man daran nichts ändern kann, sollte man sie genießen.

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