Mitten in der Region:Seltsamer Fund

Im kühlen Forst kann es dem Wanderer schon mal recht heiß werden

Kolumne von Paul Schäufele

Das Axolotl ist ein wundersames Tier. Es kommt aus einem Teich in Mexiko, und wenn man ihm einen Arm abnimmt, wächst der nach. Dass die ewig lächelnden Schwanzlurche mit ihren Gliedmaßen um sich schmeißen - ein bislang nicht dokumentiertes Verhaltensmuster. Aber es war ja auch kein Axolotl-Fuß, den der Seeshaupter Bürger beim samstäglichen Wald-Spaziergang gefunden hat, sondern ein menschlicher.

Da sucht man also Erholung, Erfrischung und Sammlung und macht sich auf in den kühlen Forst. Im Halbschatten des dichten Gezweigs saugt man die sauerstoffreiche Luft ein, genießt wohltuende Abgeschiedenheit und lässt den Blick über die Moosflächen schweifen. Kurzum, man freut sich seines Lebens, vergisst die Kapitalverbrechen, mit denen man sich sonst so herumschlagen muss - und findet ein Bein, oder vielmehr einen Fuß, an dem ein Unterschenkel hängt; weiß leuchten die Knochen, vom Fleisch ist nichts übrig.

Die Gedanken, die einem da durch den Schädel rasen: Ein naturbegeisterter Orthopäde, der am Wochenende Outdoor-Amputationen durchführt? Kannibalismus in Oberbayern? Ein kultisches Objekt aus einer Epoche, in der man noch daran geglaubt hat, Magie könne den deutschen Fußball retten?

So ein Fund jedenfalls kann den Versuch, beim Naturgenuss zur Ruhe zu kommen, ins Leere laufen lassen. Und wenn man sich dann doch gefasst hat, sich an Bürgerpflichten und so weiter erinnert, und dass man zur Aufklärung von Kriminalfällen allzeit bereit sein soll, wenn man sich also dem gruseligen Gebilde zur Begutachtung genähert hat und dann erkennt: Hoppla, das ist nur ein Plastikmodell, wie man es aus dem Bio-Unterricht kennt - dann ist das erst recht ärgerlich. Bleibt einem nur übrig, das Ding abzugeben und zu warten, welches einbeinige Wesen demnächst ins Fundbüro hüpft.

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