Mitten in der Region:Baukindergeld für Gelbschnäbel

Früher, als die Winter noch hart waren, war es üblich, die Arbeiten auf der Baustelle ruhen zu lassen und den Maurern, Schalungsbauern und Polierern Schlechtwettergeld zu zahlen. Heute führt kein Weg daran vorbei, rund um die Uhr zu bauen, selbst im Tierreich

Kolumne von BERTHOLD NEFF

Früher, als die Winter noch hart waren, war es üblich, die Arbeiten auf der Baustelle ruhen zu lassen und den Maurern, Schalungsbauern und Polierern Schlechtwettergeld zu zahlen. Diese Praxis ist heute nahezu vergessen, da uns der Klimawandel zuverlässig mit Wärme versorgt und Beton heute auch bei leichtem Frost zu verarbeiten ist. Es führt auch sonst kaum ein Weg daran vorbei, rund um die Uhr zu bauen, denn der Wohnungsmangel hat sogar Kleinstädte erfasst. Selbst bescheidene Bleiben werden zu Preisen in astronomischen Höhen aufgerufen.

Diese Entwicklung greift nun auch im Tierreich um sich. Das Amselpärchen im Vorgarten zum Beispiel belieferte am Morgen, obwohl die Sicht im Schneetreiben gegen Null tendierte, seine Baustelle im Dickicht des Geißblatts. Das Baumaterial wurde in luftiger Höhe ordnungsgemäß abgelegt und gesichert, wobei die schwarz gefiederten Bauarbeiter offensichtlich Wert darauf legten, nicht gegen die Lehmbau-Regeln des Dachverbandes Lehm e. V. sowie die einschlägige DIN 18550-2 zu verstoßen.

Anderenfalls liefen sie Gefahr, das Baukindergeld zu verlieren, die für eine Dauer von zehn Jahren gewährte staatliche Förderung des Immobilienerwerbs für Familien mit Kindern in Höhe von immerhin 1200 Euro pro Jahr, wobei bayerische Amseln sogar mit einer jährlichen Aufstockung von 300 Euro rechnen können. Da sie mit den Feinheiten des Gesetzes vertraut sind, haben sie nicht etwa ihr altes Nest aus dem Vorjahr saniert, aus- oder umgebaut, sondern in einen Neubau gleich nebenan investiert. Der Zuschuss wird nur dafür gewährt oder allenfalls für den Kauf einer Bestandsimmobilie, die aber derzeit in der ganzen Region natürlich Mangelware sind.

Bei der Bauwut der Gelbschnäbel ist anzunehmen, dass ihr neues Zuhause spätestens in dieser Woche fertig wird, unabhängig davon, ob es stürmt oder schneit. Bei der Antragstellung für das Baukindergeld ist weniger Eile geboten. Nach dem Einzug hat man drei Monate Zeit, den Antrag einzureichen. Luftpost ist nicht vonnöten, Gekrakel als Unterschrift genügt.

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