Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bad Tölz:Verhinderte Piraten

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Bad Tölz hat ein Gitter gezogen, um alle kleinen Long John Silvers und Jacks Sparrows vor Unbill zu schützen...

Von Florian Zick

Nervenzusammenbrüche waren zu den Hochzeiten der Piraterie vermutlich keine Seltenheiten. Schon klar, dass einem die Knie mächtig zu schlottern begannen, wenn dunkle Gesellen säbelschwingend das eigene Schiff kapern oder sich gewaltsam der letzten Golddukaten aus der Schatztruhe bemächtigen wollten. In Bad Tölz gibt es im Zusammenhang mit Piraten aber derzeit Nervenzusammenbrüche ganz anderer Art. Das Piratenschiff auf dem Kinderspielplatz an der Isarpromenade ist aktuell nämlich eingezäunt. Die Stadt hat um das Holzschiff ein Eisengitter gezogen, ganz so, als gelte es dort tatsächlich, ein paar Long John Silvers und Jacks Sparrows einzusperren.

Unter vielen Tränen und großem Geschrei haben in den vergangenen Tagen deshalb immer wieder ein paar Dreijährige verzweifelt versucht, sich unter dem Gitter durchzubuddeln - freilich vergeblich. Absolut nichts mochte ihren sehnsüchtigen Schmerz stillen - kein Didi, kein Guzi und auch nicht die Aussicht, dass im Taubenloch auf der anderen Isarseite bald ein neuer Spielplatz zur Verfügung steht. Von der Schaukel neben dem eingemotteten Piratenschiff aus hat man einen wunderbaren Blick auf die große Röhrenrutsche am anderen Flussufer, die man bald schon hinuntersausen kann. Gleichwohl: Für jetzt ist diese Verheißung nur ein schwacher Trost.

Im Tölzer Rathaus weiß man um die Leiden, welche die Kleinsten und ihre Eltern auf dem Piraten-Spielplatz gerade durchmachen. Es sei nur so, heißt es bei der Stadt: Der dortige Kies sei inzwischen großflächig verklumpt. Wenn man - sportlicher Pirat, wie man mit drei, vier Jahren noch ist - von dem Holzschiff herunterspringe, erbringe der Untergrund nicht mehr die gewünschte Federleistung. Deswegen müsse man nun den Boden erst austauschen. Nächste Woche soll der frische Kies wohl kommen. Dann kann an der Isarpromenade wieder fleißig in See gestochen werden.

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Quelle:
SZ vom 04.03.2021
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