Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bad Tölz:Frei ist nicht gleich frei

Im Zentralparkhaus von Bad Tölz ist das elektronische Parkleitsystem sehr hilfreich. Oder nicht?

Von Klaus Schieder

So ein elektronisches Parkleitsystem ist schon eine nützliche Errungenschaft. Früher fuhren wir ja immer auf gut Glück in ein Parkhaus oder auf einen großen Freiluftparkplatz, wo natürlich alles belegt war. Also kurvten wir im Kreis, zwei Mal, drei Mal, 13 Mal, und sahen dann plötzlich ein älteres Ehepaar, das langsam zu seinem Auto ging. Erleichtert hielten wir an, setzten den Blinker und reservierten damit gewissermaßen den noch besetzten Stellplatz. Aber das dauerte, bis die zwei Senioren die Wagentür geöffnet hatten, bis sie endlich saßen, bis sie den Gurt angelegt hatten, alle beide, bis die Brille richtig auf der Nase saß, bis ... für einen Moment nickten wir ein. Nach dem Aufwachen war der Parkplatz anderweitig belegt. Das kann mit dem elektronischen System, das stets die exakte Zahl der noch freien Plätze anzeigt, nicht mehr geschehen.

Im Zentralparkhaus in Bad Tölz, das nach der Sanierung im vergangenen Jahr nun erst beschichtet wird, sind die Leuchtziffern auf den großen Hinweistafeln gerade besonders hilfreich. 406 Stellflächen gibt es dort auf vier Ebenen, wobei die Arbeiten heuer der Stadt zufolge zunächst im mittleren dreistöckigen Riegel auf der Ebene B und auf C im zweistöckigen Riegel, eine Woche später auf den Decks C und D komplett, wieder eine Woche später auf A und B ... oder vielleicht war's auch B im zweistöckigen Riegel und C im dreistöckigen ... na ja, egal. Auf jeden Fall freuten wir uns, dass 157 (!) freie Parkplätze vom Parkleitsystem angezeigt wurden, trotz der abermaligen Bauarbeiten. Vermutlich hatten viele Autofahrer das Parkhaus nach den Erfahrungen im vergangenen Herbst mit all dem Sauggebläse, dem Lärm und den kleinen Betonspritzern an ihrem Fahrzeuglack gleich ganz gemieden.

Frohgemut passierten wir also die Schranke, bogen nach rechts ab und stoppten, weil im Parterre alle Plätze belegt waren, an der mobilen Ampel vor der Auffahrt zur Ebene B. Geschätzte 14 Minuten später schaltete die Anlage auf Grün, wir fuhren die Rampe hoch und nach links, weil rechts auf diesem Deck alles abgesperrt war. Allerdings waren auch links nur eine Handvoll Parkplätze freigegeben, die Auffahrt zu den Ebenen C und D völlig gesperrt. Wir kurvten wieder nach unten und weiter hinunter ins Souterrain, dann wieder nach oben, zwei Mal, drei Mal, siehe oben. Während wir jetzt gerade wieder vor der roten Ampel stehen und diese Zeilen ins Laptop schreiben, kommt uns der Gedanke, dass das Parkleitsystem gar nicht die freien, sondern womöglich die besetzten Plätze anzeigt. Aber müsste es dann nicht einfach auf "0" stehen? Ehe wir uns ganz verkopfen, müssen wir diese Rubrik beenden. Gerade kommt ein älteres Ehepaar zur Parkhaustür rein ...

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Quelle:
SZ vom 24.05.2019
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