Mitten in Bad Tölz:Automobile statt Schiffe versenken

Früher gab es nur Garagen. Wäre dies immer noch so, hätte sich München längst bis an die Alpen ausgedehnt. Zum Glück gibt es jetzt etwas Neues

Von Klaus Schieder

Früher gab es nur Garagen. Das war zu jenen unbewegten Zeiten, als in einer Familie nicht jeder einen Van oder einen SUV besaß, sondern nur der Papa eine alte Rostlaube. Ein ganzes Häuschen für ein einziges Auto - was für eine bodenlose Verschwendung. Wäre dies immer noch so, hätte sich München längst bis an die Alpen ausgedehnt, überall stünden Garagen, Garagen, Garagen. Aber gottlob wurden Parkhäuser und Parkdecks erfunden, unterirdisch oder aufgeständert; und weil sie für all die Vans, SUVs, Limousinen, Cabrios und Roadsters irgendwann auch nicht mehr reichten, kamen die allseits unbeliebten Doppelparker hinzu. Zwei Autos übereinander? Selbst das ist inzwischen ein Auslaufmodell. Denn jetzt gibt es die absenkbare Parkplattform: Das ist eine Art Palette, mehrstöckig für je zwei, drei Fahrzeuge pro Etage, die man in der Erde versenken kann. Ein genialer Fortschritt, der bald auch in Tölz zu besichtigen ist.

Der erste Antrag ist schon gestellt. Die Stadträte mussten sich unlängst im Bauausschuss mit einem solchen Verstausystem für Autos befassen, das ein wenig an die Brotregale beim Bäcker erinnert. Ein Bauherr wollte damit beim Neubau eines Zweifamilienhauses der städtischen Stellplatzsatzung gerecht werden. Zündend fand Bauamtsleiter Christian Fürstberger diese Idee jedoch nicht. Ein fünf Meter hoher Multiparker ist für ihn "kein erhebender Anblick", wenn er erst gen Himmel ausgefahren ist. Aber das wird die Zukunft sein. Wenn der Wohnungsbau in Tölz so weiter geht, wird man demnächst überall solche Kfz-Regale wie Pilze aus dem Boden schießen sehen. Allenthalben werden Autofahrer herumstehen, die engelsgeduldig auf den Steuerungsknopf drücken, bis der nahe dem Erdkern geparkte Wagen auf der Oberfläche erscheint.

Es gibt nur ein Problem. Das ist nicht der Schnee und ein Einfrieren des modernen Pkw-Stapelsystems, wie Fürstberger glaubt. Es ist der Wind. Der Ärger mit dem Nachbarn ist programmiert, wenn der seinen SUV nicht mehr findet, weil der Regalturm stark schwankte. Und wenn er später von der Polizei die Nachricht bekommt, dass sein Statussymbol fahruntüchtig im Kurparkteich oder auf dem Rathausdach liegt.

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