Mitten im Supermarkt:Der Traum vom Fliegen

Wer der Sonne zu nah kommt, verbrennt sich die Flügel

Kolumne Von Benjamin Engel

Sich leicht wie ein Vogel in die Luft zu erheben, träumt die Menschheit seit Urzeiten. Wer sich vom Boden weg bewegt, gewinnt Perspektive und kann die Ketten der Schwerkraft sprengen. Metaphorisch hat schon der Mythos der griechischen Antike das Thema aufgegriffen. So soll der Baumeister und geniale Erfinder Daidalos mit seinem Sohn Ikaros einst von Kreta aus durch die Lüfte geflohen sein. Aus Vogelfedern und Wachs formten sie sich Flügel, um aus dem Labyrinth des Minos zu entkommen. Doch für Ikaros endete das Schweben hoch über der Erde tragisch. Obwohl ihn sein Vater gewarnt hatte, flog er der Sonne zu nahe. Das Wachs seiner Flügel starb und er stürzte zur Tode. Die heutige Ägäis-Insel Ikaria ist nach der Sage benannt.

Wer im Tölzer Landkreis moderne Himmelsstürmer erleben möchte, sollte auf das Brauneck gehen. Am Lenggrieser Hausberg nutzen die Paraglider mit ihren bunten Schirmen die Thermik, um abzuheben. Doch spätestens, wenn die Freizeitsportler unten im Tal landen, ist der Spaß beendet. Bislang arbeitet sich der Mensch vergeblich daran ab, dauerhaft wie ein Vogel in der Luft zu bleiben. Zumindest aber zeitweise, so wirbt ein österreichischer Getränkehersteller, sollen dessen Produkte Flügel verleihen.

Diesem Slogan glaubte ein 55-jähriger Tölzer am vergangenen Montag offenbar. In einem Supermarkt im Wackersberger Ortsteil Oberfischbach bezahlte der Mann brav an der Kasse bis auf die Dosen des österreichischen Getränkeherstellers. Die hatte er in seinen Rucksack gepackt, wie die Polizei meldet. Ein Mitarbeiter des Supermarkts entdeckte den Diebstahl. Er hielt den Mann fest, bis Polizisten eintrafen. Der Schaden soll übrigens 20 Euro betragen. Dafür hätte es der Mann womöglich darauf ankommen lassen sollen: Fliegen will eben gelernt sein.

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