Mitten im Frühling:Wenn man es sich leicht macht

Aufräumen gut und schön - aber was wollten wir dabei gleich wieder finden?

Kolumne Von Claudia Koestler

Ach, das Wetter da draußen ist doch völlig egal. Die innere Uhr gibt es vor, und die sagt gerade: Ja, ja, ja, es ist Frühling! Genau genommen sagt sie es nicht, sie hat einfach den Taktschlag erhöht und zwingt den inneren Schweinehund, in einen ungewöhnlichen und eben nur mit Frühlingsgefühlen zu erklärenden Aktionismus zu verfallen. Wie sonst wäre es möglich, dass einen plötzlich dieser unüberwindbare Drang zum Aufräumen überfallen hat?

Nun gut, einen Anlass gab es schon auch. Immerhin war man auf der Suche nach jenem Stückchen Papier, auf dem der vor Monaten hart erkämpfte Facharzttermin notiert war. Und dieser Zettel musste doch irgendwo in diesem Portemonnaie stecken. Weshalb man sich eben auf der Suche nach ihm flugs von allem überflüssigen Ballast befreite, eine klassische Frühlings-Ausmist-Aktion, nur eben im Geldbeutel. Also landete zunächst alles auf dem Tisch - um im Anschluss in kleine Häufchen unterteilt zu werden. Häufchen Nummer eins: alles, was gleich weg konnte - Kassenbelege aus dem vergangenen Jahrhundert und Einkaufslisten in Sütterlin zum Beispiel. Zweites Häufchen: alles, was outgesourct wird. Darunter diverse Presseausweise, Fitness-Clubkarten (die noch nicht abgelaufenen) und zahllose Treuekarten von Läden und Marketendern. Drittens, was in Kästchen wandert: Geld von unklarer Herkunft und Wert etwa. Und dann gab es noch etwas, das bei näherem Hinsehen aussah wie eine bronzene Cornish Pasty in Miniaturformat, aber nicht näher analysierbar war. Weg damit. Nur die Euro-Scheine und Münzen sollten bleiben. Oder wie schon die Oma sagte: Ois raus, was koan Zins tragt. Es reist sich leichter mit leichtem Gepäck, heißt es ja auch. Dem kann man nach einer solch radikalen Detox-Kur nur zustimmen. Plötzlich hat man nicht mehr so schwer zu tragen bei den täglichen Erledigungen. Herrlich leicht ist der federnde Schritt mit solch dünnem Geldbeutel!

Nur eines fehlt noch immer bei aller neuen Leichtigkeit: die Erkenntnis, wann man denn nun eigentlich diesen verflixten Arzttermin hatte.

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