Mitten im Amtsgericht:Sind Sie geschrumpft?

Ein "Schmarrn" landet nicht immer nur auf dem Teller, sondern manchmal auch vor dem Richtertisch...

Von Barbara Briessmann

Nicht nur einmal greift sich der Staatsanwalt im Wolfratshauser Amtsgericht an den Kopf. Eine Zeugin ist fassungslos: "Ich wusste nicht, dass der Herr jetzt eine Frau ist." Das spiele für den Sachverhalt aber keinerlei Rolle, mahnt Richter Helmut Berger noch. Irgendwann gibt auch er auf: "Ich kapier' gar nichts mehr."

Auf der Anklagebank sitzt ein Ehepaar wegen falscher Verdächtigung. Sie hätten bei einer Dame, die an der Wohnungstür geklingelt hat, einen Handy-Vertrag abgeschlossen, zwei Handys bekommen, seien damit aber nicht zufrieden gewesen, hätten von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und die Handys zurückgeschickt. 2012 soll das gewesen sein. Oder war es doch im September 2015? Jedenfalls seien irgendwann Rechnungen gekommen, "in unregelmäßigem Abstand", schließlich Mahnungen eines Inkassobüros. Im letzten Schreiben habe die Forderung 844 Euro betragen. Allerdings mit dem Zusatz, dass dies gegenstandslos sei, wenn Strafanzeige gestellt worden sei.

Das tat der damalige Mann bei der Polizei in Geretsried. Die heute 67-Jährige behauptet nämlich, dass ihr die Unterschrift auf dem Vertrag komisch vorgekommen sei, womöglich gefälscht. Zwischen Vor- und Nachname habe sie nämlich eigentlich immer mit dem Buchstaben ihres zweiten Vornamens unterschrieben. Auf den Protokollen bei der Polizei aber doch auch nicht, erwidert der Richter. Auch nicht auf dem früheren Personalausweis. "Da habe ich es wohl mal vergessen..." Die 844 Euro habe das Ehepaar aber bezahlt. Der Staatsanwalt fasst sich an die Stirn, der Richter stöhnt. "Warum haben Sie etwas bezahlt, das Sie nicht in Anspruch genommen haben?"

Die Vermittlerin der Mobilfunkverträge sagt als Zeugin aus. Gegenfrage der 67-Jährigen: Ob die junge Frau früher blond gewesen sei? Ja. Und: "Sind Sie geschrumpft? Sie waren damals größer." Nach Widersprüchen über Widersprüchen befindet der Richter: "So ein Schmarrn!" Er und der Staatsanwalt machen kurzen Prozess. Das Verfahren wird wegen Geringfügigkeit eingestellt.

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