Mitten auf der Welle:Das Auf und Ab der Surfer

So cool und locker das Lebensgefühl der Surfer auch sein mag: Irgendwann spült einen jede Welle an Land, und dann heißt es: gehen!

Kolumne von Benjamin Engel

Eins mit der Natur werden, unter der sich überschlagenden Welle hindurchgleiten und in diesem Augenblick noch möglichst cool und lässig aussehen: Diesem Lebensgefühl der Surfer scheinen im Augenblick gerade viele junge Menschen nacheifern zu wollen. In Gesprächen erzählen zumindest einige, wie sie am Atlantik oder an irgendeinem anderen Meer mit halbwegs hohem Wellengang das Surfen ausprobiert haben. In einem Sommerurlaub kann natürlich niemand zum wirklichen Profi werden. Doch im Glanz des vermeintlich entspannten Sports am Strand mag sich eben so mancher gerne sonnen, auch wenn er sich nur am Eisbach selbst noch im Winter in den engen Neoprenanzug presst.

So locker und leicht das Surfen als Lebenseinstellung aber wirken mag, es hat auch einen ernsten Kern. Das musste Edmund Stoiber zur Zeit der Ministerpräsidentendämmerung 2006 erfahren. Bruno Jonas war Fastenprediger auf dem Nockherberg und fasste die Machtkämpfe der CSU in ein eingängig-prägnantes Bild. Damals hatte Edmund Stoiber zuerst angekündigt, ein Ministeramt in der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU zu übernehmen und war dann doch wieder in die bayerische Staatskanzlei nach München zurückgekehrt. Jonas behauptete daraufhin, dass Stoiber als Ministerpräsident schon wieder von einer Welle der Sympathie getragen werde. Doch bei Wellen gebe es Höhen und Tiefen, und irgendwann komme jeder am Strand an. Dann müsse man aufstehen und gehen, so Jonas.

In Wolfratshausen, bekanntlich Stoibers Heimat, will die Stadt nun ebenfalls vom Lebensgefühl der Surfer profitieren und eine künstliche Welle errichten. Und zumindest so entspannt wie die Wellenreiter scheinen in diesen Tagen auch manche Stadtbewohner zu reagieren. In der Bahnhofstraße hatte es sich ein Mann in seinem Lieferwagen schon einmal bequem gemacht. Er hatte sich im Sitz nach hinten gelehnt und die Augen geschlossen, so wie auch eine junge Frau mit Sonnenbrille im Hammerschmiedweg in ihrem Auto. Ob die beiden vom Surfen träumten? Womöglich war es bloß die Frühjahrsmüdigkeit. Irgendwann müssen auch sie aufstehen und gehen.

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