Mitten am See:Schilderwald am Badestrand

Die Freizeitsportler werden immer mehr - und immer klagefreudiger. Da wundert es kaum, das sich auch Badeplatzbetreiber immer mehr absichern wollen

Kolumne von Benjamin Engel

Es ist schon paradox: In immer größeren Scharen zieht es vor allem die Stadtbevölkerung in Natur und Berge. Wer etwas auf sich hält, kauft sich dann ultraleichte und darum besonders teure Tourenski, um die Gipfel auch ohne Aufstiegshilfe auf zwei Latten zu bezwingen. Den neuesten Lawinen-Airbag, Verschüttetensuchgerät, Sonde, Schaufel und Helm haben immer mehr Freizeitsportler mit. Doch wehe es passiert etwas. Dann wird sogar die Bergrettung verklagt. Damit drohte jedenfalls unlängst ein deutscher Schneeschuhwanderer österreichischen Einsatzkräften. Denn die waren seiner Auffassung nach einem Notruf in zu großer Zahl angerückt. Für die Rechnung von 2261 Euro wollte der Mann zunächst nicht zahlen.

Bemerkenswert ist das schon. In unserer liberal-demokratischen Gesellschaft stehen die Freiheitsrechte des Einzelnen zurecht im Mittelpunkt. Doch irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass bei den Pflichten für einige der Spaß aufhört. Und wer etwas nicht akzeptieren will, klagt sofort. Da wundert es kaum, dass sich immer mehr Menschen absichern wollen. Neuerdings ist der Nutzungsvertrag für ein privates Bad am Starnberger See seitenlang. Minutiös ist etwa geregelt, dass niemand mehr von den Stegen springen darf. Schließlich ändere sich die Wassertiefe in einem natürlichen Gewässer jahreszeitbedingt.

Doch nur auf die Kraft des Geschriebenen will sich der Badinhaber offensichtlich nicht verlassen. Verbots- und gelb-schwarze Warnschilder in Dreiecksform prangen nun an jeder Ecke des Seebads. Das Piktogramm, das in Bildsprache erklärt, dass man im See nicht mehr stehen kann, ist nun direkt neben der Badetreppe in das Stegholz eingeschraubt. Genauso unmissverständlich auch die Warnung, dass sich die Stirn anschlagen kann, wer mit dem Kopf voraus ins Wasser springt. Und das alles in mehrfacher Ausfertigung. Wer jetzt von der "guten, alten Zeit" schwärmt und ganz nostalgisch sagt "Früher war alles besser", der kann zwar schnell nerven. Manchmal allerdings scheint doch ein Körnchen Wahrheit darin zu stecken.

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