Im Sommer ist der Teufel los, wenn Wagemutige auf Holzstämmen über Europas längste Floßrutsche in die Tiefe stürzen. Hunderte zieht es dann jeden Tag am Kraftwerk im Mühltal bei Straßlach-Dingharting vorbei und hinab zur Isar - dorthin, wo sie ganz natürlich dahinfließt und ihrem Namen als einziger noch verbliebener Wildfluss Deutschlands gerecht wird. "Das ist ein Paradies", sagt Auguste von Bayern und schaut auf den Fluss. An diesem Nachmittag im Mai sind keine Schlauchboote auf der Isar unterwegs, was zu dieser Jahreszeit ohnehin noch nicht erlaubt wäre. Auch die Kiesbänke sind verwaist, nur ein einziger Spaziergänger ist mit seinen Hunden unterwegs. Beste Voraussetzungen also für ein "Flussgespräch" in aller Ruhe.
Zu diesem hat Sigrun Lange vom WWF gemeinsam mit Josef Reichholf und Auguste von Bayern an die Isar eingeladen, um über den Fluss allgemein sowie über "prägende Erlebnisse am Fluss und die inspirierende Kraft der Natur" zu sprechen - aber auch, um den Wettbewerb "Am Fluss dahoam" vorzustellen, den die Naturschutzorganisation zum 22. Mal initiiert und der von Auguste von Bayern, der ältesten Tochter von Luitpold Prinz von Bayern, als Schirmherrin begleitet wird. "Für mich ist das einfach ein ganz spannender Lebensraum. Ein Gebirgsbach, der zum Fluss wird, und den es unbedingt zu erhalten gilt", sagt von Bayern und schaut auf einen Baumstamm, der sich weit über das aufgewühlte Flussbett legt. "Aber man darf nie aufhören, sich Sorgen um den Fluss zu machen."
Für viele ist die Isar ein Freizeitparadies, in dem sie Abkühlung und Erholung suchen.
(Foto: Florian Peljak)"Am Fluss dahoam" soll Menschen für diesen gefährdeten Naturraum sensibilisieren. Der Kleinkunstwettbewerb startet am Tag der Artenvielfalt an diesem Mittwoch und soll einer kreativen Auseinandersetzung mit Gewässern dienen. Interessierte können und solle Sketche, Lieder, Gedichte kreieren. Schwer dürfte das nicht sein, findet der WWF, denn "als Lebensadern prägen Flüsse seit jeher unsere Landschaft und Kultur".
Auch Auguste von Bayern hat das Wasser geprägt - und es prägt sie noch immer. Die studierte Biologin lebt in Leutstetten an der Würm und hat in den vergangenen Jahren eine Beobachtung gemacht, die auch typisch für die Isar ist: Stand-up-Paddler hätte die Würm für sich entdeckt und würden den Fluss in den Sommermonaten bevölkern, sagt Auguste von Bayern. Auf der Isar sind es die Schlauchboote und Tagestouristen, die auf Kiesbänke steigen und Naturschützer vermehrt auf den Plan rufen.
Zum Schutz der Isar, sagt Josef Reichholf, müssten natürlich Maßnahmen ergriffen werden. Die Politik dürfe aber auch nicht davor zurückschrecken, etwas zurückzunehmen, das nicht funktioniere. Klar sei aber auch, so Reichholf, dass die Isar als Wildfluss nur "sanften Tourismus" vertrage. Sigrun Lange deutet auf ein gelbes Schild auf einer Kiesbank, das erst seit kurzer Zeit dort steht. Es soll verhindern, dass Menschen den sensiblen Raum betreten und etwa Flussvögel beim Brüten stören. "Es braucht Kooperation entlang des Flusses", sagt die Referentin des WWF - die Landkreise München und Bad Tölz Wolfratshausen sowie die Landeshauptstadt sollten daher enger zusammenarbeiten. Bisher ist das kaum der Fall. Das Tölzer Landratsamt etwa hat eine umstrittene, neue Bootsverordnung erlassen, die den Zugang zum Fluss einschränkt, aber an der Grenze zum Landkreis München bei Schäftlarn endet.
Die Osar ist jedoch auch ein gefährdeter Naturraum, wie (Bild unten, v.l.) Auguste von Bayern, Sigrun Lange und Josef Reichholf bei einem "Flussgespräch" erklären.
(Foto: Claus Schunk)Die Wittelsbacherin Auguste von Bayern glaubt, dass vor allem Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. "Wir haben eine Haltung, die sagt: Der Mensch steht über der Natur, dass uns alles zur Verfügung steht", sagt sie. Es sei aber schon so viel Natur zerstört worden. Den Menschen müsse mehr Respekt vor der Natur vermittelt werden. Das, glaubt Auguste von Bayern, sei möglich - hier auf dem Land, aber auch in der Stadt.