Mit Eifer dabei:Die Umverteiler

Die Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel feiert ihr 20-jähriges Bestehen. Bürgermeister Michael Müller würdigt das Engagement und fordert eine sozialere Gesellschaft.

Von Felicitas Amler

Margaret Burghagen kann sich noch gut daran erinnern, wie sie mit einer Handvoll anderer die ersten Lebensmittel an nicht einmal ein Dutzend hilfsbedürftige Menschen in Geretsried verteilt hat: "Aus dem eigenen Auto." Sie hatte aus der Zeitung davon erfahren, dass Bianca Schmidbauer eine Tafel gründen wollte, fand damals schon: "Die Idee ist einfach genial", und schloss sich mit Begeisterung an. Heute, zwanzig Jahre später, ist sie immer noch mit Eifer dabei. Mit Renate Kletzenbauer, die seit 17 Jahren zu den Ehrenamtlichen zählt, ist sie sich einig: "Es macht einfach Spaß, Leuten zu helfen."

Die Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel hat am Freitag ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. Eine Tafel für die Unterstützer und Gäste gab es auch bei diesem Anlass, wenngleich, anders als sonst, mit Häppchen und kühlen Getränken statt mit Grundnahrungsmitteln. In den Räumen an der Jeschkenstraße in Geretsried versammelten sich viele der rund 80 Helfer, außerdem Ehrengäste wie die Bürgermeister der beiden Städte, Stadträte und Partner kooperierender Organisationen wie die Obdachlosenbetreuerin Ines Lobenstein.

Ingrid Geiger, seit dem Tod des langjährigen Vorsitzenden Peter Grooten vor einem Jahr an der Spitze der Tafel, würdigte die Ehrenamtlichen, die Sponsoren und die sogenannten Ritter der Tafel, die alle auf ihre Weise tatkräftig oder materiell zum Gelingen beitragen: "Ohne sie würde es unseren Verein gar nicht geben." Sie sagte, die Dankbarkeit der Empfänger sei es, "was uns alle antreibt".

In den vergangenen 20 Jahren hat die Tafel in den beiden Städten Tonnen von Lebensmitteln, die sonst weggeworfen würden, an Hilfsbedürftige verteilt. Zwischen 750 und 800 Empfänger seien es derzeit, berichtet Geiger. Und nach einem "Schub" an Nachfrage, der durch die große Zahl von Flüchtlingen 2015 entstanden sei, habe sich inzwischen alles wieder eingependelt. Von einem Aufnahmestopp, wie die Tafel ihn noch 2016 erwogen hatte, ist keine Rede mehr. Allerdings bleibt es dabei, dass jeder Empfänger nur alle 14 Tage an eine der Ausgabestellen - Jeschkenstraße 22 in Geretsried und Jugendhaus "La Vida" in Wolfratshausen - kommen kann. Im vergangenen Jahr sind zu den Sponsoren, die Lebensmittel abgeben, noch Kaufland, Aldi und Gustavo Gusto hinzugekommen, so dass es nun an die 30 Lieferanten sind: vom großen Edeka bis zum kleinen Weidacher Backstüberl, von den beiden Rewe-Märkten bis zum Münsinger Loth-Hof-Laden.

Wie sein Wolfratshauser Amtskollege Klaus Heilinglechner (BVW) würdigte auch der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) das Engagement der Tafel-Ehrenamtlichen. Er warf aber auch die Frage auf, warum eines der reichsten Länder Europas eine solche Einrichtung überhaupt brauche. Unter Berufung auf Karl Marx, dessen derzeit allenthalben wegen seines 200. Geburtstags gedacht wird, sagte Müller, die Sozialgesetzgebung des späten 19. Jahrhunderts müsse weiterentwickelt werden. Milliarden gingen aus Deutschland ins Ausland, während hier gleichzeitig Menschen im Schatten stünden: "Das darf eine Gesellschaft nicht dauerhaft hinnehmen."

Von Umverteilung sprach auch die Schirmherrin der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel, die aus der TV-Serie "Dahoam is dahoam" bekannte Ickinger Schauspielerin Heidrun Gärtner. "Die Umverteilung des Überflusses von reich gedeckten Tafeln auf Tische, auf denen nicht so viel Fülle und Auswahl vorhanden sind, das haben sich die Tafeln zum Ziel gemacht", erklärte sie in einem schriftlichen Grußwort, da sie nicht persönlich kommen konnte. Das Zusammensein an einer großen Tafel, so schrieb sie, stille nicht nur Hunger und Durst, sondern schaffe auch ein Gefühl von Geborgenheit.

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