Mit 55 Sängern, Mimen und Musikern:Von Hexen, Geistern und dem Christuskind

Mit 55 Sängern, Mimen und Musikern: Gut und Böse im Wettstreit auf der Bühne des Tölzer Kurhauses. Die 55 Mitwirkenden gaben alles.

Gut und Böse im Wettstreit auf der Bühne des Tölzer Kurhauses. Die 55 Mitwirkenden gaben alles.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Tölzer Musikschule bringt das Weihnachtsspiel von Carl Orff auf die Bühne - und begeistert damit das Publikum

Von Barbara Szymanski, Bad Tölz

Chöre jubilieren in allen Tonlagen. Glühwein, Kerzenschein, Myriaden LED-Installationen: Süßer die Glocken nie klingen als jetzt. Und dann kommt Carl Orff und rockt die Weihnachtsgeschichte mit bösen Mächten, ungläubigen Hirten, mit Schlagwerken aller Couleur.

Mit Harfen und Cello und einem Chor, der sich wenig in Harmonik und Melodik üben kann. Und damit es richtig kompliziert, geheimnisvoll und wahrhaft legendär wird, nannte der bayerischste aller Komponisten sein Weihnachtsspiel "Ludus de nato infante mirificus", was so viel wie "das wundersame Spiel um die Geburt von Jesus Christus" heißt. Ein Werk, das alle herausfordert: die Mitwirkenden und die Zuhörer.

Dieser Herausforderung stellte sich die Musikschule Bad Tölz mit 55 Sängern, Mimen und Instrumentalisten. Und das mit so viel Spielfreude, musikalischer Glanzleistung und schauspielerischem Können, dass der Applaus im voll besetzten Tölzer Kurhaus minutenlang braust, wie vorher der instrumental erzeugte kalte Winterwind, der Maria und Josef fast umbringt. Bravorufe sind zu hören, manche erheben sich, offensichtlich tief ergriffen. Und auf der Bühne: Schweigen, einfach so dastehen und staunen über so viel Zuspruch zu diesem Wagnis.

Dabei agieren dort oben auf der Bühne allesamt Musikschulgewächse. Der einzige Profi bei diesem eindrucksvollen Spektakel ist Klaus Wittmann, der bekannte Sprecher und Rezitator. Er übernahm die Einführung, die Regie und Gesamtleitung. Dem musikalischen Leiter Harald Roßberger jedoch müssen nach der Vorstellung die Hände geschmerzt haben. Denn der Musikschulleiter hat unendlich viele zu schütteln. Allein Bürgermeister Josef Janker reckt beide Daumen in die Höhe. Die ehemalige Musikschulleiterin Birgit Niedernhuber fasst die Stimmung zusammen: "Alle Erwartungen sich weit übertroffen worden."

Und wie ließ sich das Orffsche Musikverständnis bei den Kindern und Jugendlichen wecken? "Neugierig" seien sie gewesen, sagt Roßberger nach der Vorstellung, Dies habe die jungen Sänger und Instrumentalisten getragen, motiviert und beflügelt. Dabei seien die Proben schwierig gewesen. Roßberger, Stephanie Waldherr, Christoph Heuberger und Klaus Wittmann, die das Orchester, den Chor oder die schauspielerischen Szenen einübten, hätten dies nur in Kleingruppen geschafft. Ganz spät erst und nicht oft konnte das Werk in Gesamtheit auf der Kurhaus-Bühne stattfinden mit wahrhaft großem Erfolg.

Los geht das furiose Weihnachtsspiel mit den bösen Mächten, der Hexe (Sängerin Sonja Schroth) und den anderen Geistern mit Körpermalerei der Bodypainting-Weltmeisterin Murmel Gold.

Die Bösewichte wollen die Geburt des Kindes verhindern. Sturm schicken sie und Schneechaos. Dieses wetterwendische Grundgeräusch erzeugen die Instrumentalisten. Sie schlagen große Becken aneinander, bedienen Marimba, Xylofone, einen Gong, große Pauken, Harfen und Cello und erzeugen damit eine Stimmung, dass sich die Nackenhaare aufstellen. Die Hexen rappen geradezu, beschwören das Böse herauf - alles auf lateinisch.

Die Geschichte der Geburt Jesu indes erzählen die Hirten aufgrund von Träumen in intensiver Spielweise - und zwar in heftigstem Bairisch. Bewährte Darsteller und Sänger sind ebenfalls darunter wie Norbert Weinhuber, ehemaliger Schulrat und Tölzer Sängerknabe und jetzt Mitglied der Tölzer Sänger. Bezaubernd und blütenzart singen die "Kinder im Schnee" nach dem Auftritt des Chors, der die schärfsten aller Dissonanzen beherrscht und dennoch eine feierliche, fast spirituelle Spannung aufbaut und hält. Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei, der wohl noch lange in den Köpfen und Herzen der Mitwirkenden und Zuschauer herumspukt.

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