Miete:Was Flüchtlinge für ein Bett im Sechs-Mann-Campinghaus zahlen müssen

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Ein Flüchtling soll im Gewerbegebiet am Kranzer fast 52 Euro Miete im Monat pro Quadratmeter zahlen - für ein Bett im Mobilhaus. (Foto: Manfred Neubauer)

Alle 664 anerkannten Asylbewerber im Kreis werden zur Kasse gebeten. Die Helferkreise finden das richtig - die Höhe der Miete aber empört sie.

Von Klaus Schieder und Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Für den Flüchtling, der in einem der Mobilhäuser im Gewerbegebiet am Kranzer in Reichersbeuern lebt, war das Behördenschreiben eine unangenehme Überraschung. Fünf Monate zuvor hatte er einen Arbeitsplatz gefunden, nun sollte er für diese Zeit genau 1541,72 Euro Miete für das 36 Quadratmeter kleine Wohnquartier nachzahlen. Er ging damit zu Matthias Thumfart vom Helferkreis "ReiSaGrei", der ihn seit seiner Ankunft in Reichersbeuern betreut hat. Der ehrenamtliche Flüchtlingshelfer rechnete nach: Sein Schützling müsse einen Quadratmeterpreis von 51,80 Euro berappen - hochgerechnet auf sechs Personen, die in dem mobilen Häuschen leben können. "Wir bringen die Leute mit großen Mühen in Arbeit, und nach fünf Monaten kommt er zu mir und sagt: Matthias, was hast Du mit mir gemacht", ärgert sich Thumfart.

Der Mann aus dem Mobilcamp ist allerdings alles andere als eine Ausnahme. Jeder der 664 Flüchtlinge im Landkreis, die bereits als Asylbewerber anerkannt sind, aber noch keine eigene Wohnung gefunden haben, müssen für Unterkunft, Haushaltsenergie und gegebenenfalls auch für Verpflegung zahlen. Die entsprechenden Bescheide verschickt die Regierung von Unterfranken in Würzburg zentral für ganz Bayern. Der Grund: Bleibeberechtigte fallen mit der Anerkennung ihres Asylantrags aus dem Asylbewerberleistungsgesetz heraus. Haben sie keinen Job, erhalten sie fortan Sozialleistungen und zahlen wie andere Hartz -IV-Empfänger für die Wohnung. Bekommen sie Arbeit und Lohn, müssen sie Miete und Energie von ihrem Gehalt tragen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einem dezentralen Quartier leben. Die Kosten für die Unterkunft seien vorgegeben, teilt Pressesprecherin Sabine Schmidt vom Landratsamt mit: "Sie betragen 278 Euro für Alleinstehende oder für eine einem Haushalt vorstehende Person, und 97 Euro für jeden weiteren Haushaltsangehörigen."

Wohncontainer
:Flüchtling soll 51,80 Euro Miete pro Quadratmeter zahlen

Der Mann findet Arbeit und wird für seinen Platz im Mobilhaus-Camp im Gewerbegebiet zur Kasse gebeten. Der Helferkreis fordert eine Ermäßigung.

Von Klaus Schieder

Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) findet daran nichts Verwerfliches. Vor dem Gesetz sei nun mal jeder gleich, verweist er auf die Pflichten aller Hartz IV-Empfänger, die ja auch für ihre Wohnung zahlen müssten. "Die Diskussion möchte ich nicht führen, wenn einem Asylbewerber da ein halbes Jahr geschenkt wird", sagt er. Man könne sich leicht denken, in welchen Kreisen der Bevölkerung derlei Debatten dann losgetreten würden. Für Christine Kamm ist der Fall in Reichersbeuern nichts Aufsehenerregendes. "Ich kenne sogar Bescheide über 5500 Euro", sagt die Landtagsabgeordnete der Grünen. Sie fordert, dass die Nachzahlung eines bleibeberechtigten Flüchtlings aber zumindest "auf den Zeitpunkt begrenzt werden sollte, an dem er darüber informiert worden ist". Thumfart plädiert hingegen für gestaffelte und niedrigere Gebühren wie in anderen Bundesländern.

So sieht das auch Ines Lobenstein, Vorsitzende des Wolfratshauser Helferkreises. Sie finde es zwar grundsätzlich richtig, dass Flüchtlinge, die arbeiten, auch für ihre Unterkunft zahlen. "Aber in angemessener Höhe", sagt sie. Unfair seien auch die rückwirkenden Forderungen für sechs Monate oder mehr, die nun immer mehr Flüchtlinge träfen. "Davon war vorher nie die Rede. Niemand hat damit gerechnet. "

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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