Süddeutsche Zeitung

Mein Tag:Unrühmlicher Abschied

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Abiturientin Ina Raic über Pannen bei der Zeugnisverleihung

Protokoll: Sebastian d'Huc, Geretsried

Die diesjährigen Abifeiern waren für die Gymnasien ein organisatorischer Kraftakt. Die Corona-Vorschriften zwangen viele Schulen dazu, die Anzahl der Gäste bei der Zeugnisverleihung stark einzuschränken oder die traditionellen Abläufe zu ändern. An ihrem Gymnasium in Geretsried sei man von dieser Situation überfordert gewesen, findet die Abiturientin Ina Raic (). Darauf deuteten mehrere Pannen hin.

"Unsere Jahrgangsstufe hat in den Wochen vor der Abiturzeugnisverleihung eine Abstimmung durchgeführt und entschieden, dass wir lieber alle gemeinsam unsere Zeugnisse bekommen würden, statt den Jahrgang in zwei Teile zu teilen und die Veranstaltung zweimal durchzuführen. Wir wollten das, obwohl es bedeutet hätte, dass jeweils nur ein Elternteil der Veranstaltung beiwohnen darf. Groß war dann also die Überraschung, als unser Schulleiter kurzfristig ankündigte, dass wir den Jahrgang trennen müssen - und zwar in die Gruppe von Schülern, die an der Abifahrt nach Korfu teilgenommen hat, und den Rest. Er stellte uns vor die Wahl: Entweder wir stimmen dieser Trennung zu oder er selbst und das Technik-Team, dessen Einsatz für die Veranstaltung entscheidend ist, würden nicht erscheinen. Letzteres wäre also faktisch eine Absage der Zeugnisverleihung gewesen.

Viele Schüler waren gegen die Trennung, und deshalb haben die Abiturienten, die auf Korfu waren, vor Ort und noch einmal nach ihrer Heimkehr allesamt einen Corona-Test durchführen lassen. Alle Tests waren negativ. Trotzdem sollten wir getrennt werden. Erst als das Gesundheitsamt noch einmal selbst beim Schulleiter angerufen hat, um zu bestätigen, dass die Veranstaltung unbedenklich sei, ließ er sich überzeugen, den ursprünglichen Plan durchzuführen.

Bei der Verleihung selbst folgte dann die nächste Panne: Nicht nur wurde ein Physik-Preis an die falsche Schülerin verliehen, sondern alle Abiturzeugnisse wurden fehlerhaft ausgestellt. In jedem Zeugnis war vermerkt, dass der Schüler eine Nachprüfung im Fach Mathematik habe absolvieren müssen, obwohl das gar nicht stimmte. Daher bekamen wir kurze Zeit nach der Verleihung eine E-Mail, dass wir doch bitte alle noch einmal in die Schule kommen und unsere Zeugnisse austauschen lassen sollen. Die Freude darüber war im Jahrgang natürlich riesig.

Als ich nun aber mein korrigiertes Zeugnis abgeholt habe, stellte ich fest, dass in meinem Umschlag neben meinem eigenen Zeugnis auch noch eine beglaubigte Kopie des Zeugnisses eines Mitschülers war. Der Mitschüler wiederum hatte zusätzlich mein Zeugnis bekommen. Diese letzte Panne war wohl ein Einzelfall und nicht weiter schlimm, aber trotzdem sollte so etwas aus Datenschutzgründen nicht passieren. Dass wegen Corona nicht alles optimal läuft ist verständlich, aber es ist schade, dass sich das Gymnasium während den letzten Wochen unserer Schullaufbahn nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat."

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Quelle:
SZ vom 24.07.2020
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