Mein Europa:Mit Fleiß zum Erfolg

Die Slowenin Marija Frisch hat in Deutschland eine eigene Firma aufgebaut.

Von Ingrid Hügenell

28 Mitgliedsstaaten hat die Europäische Union seit der vorerst letzten Erweiterung im Jahr 2013, und gut 507 Millionen Einwohner. Vom 22. bis 25. Mai werden die 751 Abgeordneten des Europa-Parlaments neu gewählt. Die Grenzen sind offen, wer will, kann sich in einem anderen Land der EU Wohnung und Arbeit suchen. Auch im Landkreis leben Menschen aus den meisten Mitgliedsstaaten. Die SZ stellt einige von ihnen vor.

Marija Frisch hat Glück gehabt. Aber nicht nur. Vor allem Fleiß habe sie in ihrem Leben vorangebracht, sagt die Slowenin. Die 62-Jährige ist Inhaberin einer Spedition, die Waren aller Art in die Länder Mittel- und Südosteuropas transportiert. Etwa 800 Lastwagen schickt sie im Monat auf die Reise. Seit 22 Jahren lebt sie in Icking in einer schönen, geschmackvoll eingerichteten Villa und hat zwei erwachsene Söhne. In Icking lebe sie sehr, sehr gern, sagt Frisch.

Aber leicht war es zu Anfang dort für sie nicht. Eine Nachbarin fragte kurz nach dem Einzug, ob sie sich denn das große Haus überhaupt leisten könnten. Sie wollte Kontakt zu den Einheimischen, aber das war schwierig. Obwohl sie immer darauf bedacht war, sich anzupassen, hatte sie das Gefühl, nicht akzeptiert zu sein. Der Sohn bat sie, im Kindergarten nicht Slowenisch mit ihm zu sprechen. "Irgendwann habe ich beschlossen, mich rauszuhalten. Ich wollte mich nicht behaupten müssen." Dass es so schwer ist, Kontakte zu knüpfen, Freunde zu finden, das kannte sie von Slowenien nicht. Zu ihrer Familie, den acht Geschwistern dort, hat sie immer noch sehr enge Bindungen.

Auch der Anfang in Deutschland war alles andere als einfach. Mit gerade 19 Jahren kam Marija, die im slowenischen Maribor die Wirtschaftsschule abgeschlossen hatte, nach München. Sie hatte sich verpflichtet, dort für die Spedition zu arbeiten, die ihre Ausbildung unterstützt hatte. Nun galt es, sich in der fremden Großstadt zurecht zu finden. "Ich wollte schon immer raus, wollte sehen, wie die Welt aussieht." Und sie war fleißig und entschlossen, arbeitete nebenher spätabends in einem Schnellrestaurant, um Geld zu verdienen, und gründete schließlich die eigene Spedition zusammen mit ihrem Mann, von dem sie inzwischen geschieden ist.

Die Erweiterung der Europäischen Union habe sowohl ihre persönliche Situation wie auch die ihrer Firma verbessert, sagt sie. Durch den Wegfall der Zollkontrollen, durch den Ausbau der Straßen auch mit EU-Geldern. Früher brauchte sie zehn Stunden bis Slowenien, heute noch etwa sechs. "Und die Angst, die wir hatten vor den Grenzkontrollen." Geschmuggelt habe sie nicht, aber doch versucht, der Familie in Slowenien etwas mitzubringen, was es dort nicht gab: Süßigkeiten, Kaffee, Kleidung. An Angst vor Entdeckung, an Angst vor Strafe, an "Freiheitsangst" erinnert sie sich. Nun kann auch die Familie reisen.

Für viele Menschen in Slowenien aber habe sich die Lage verschlechtert, für die nämlich, die nicht so fleißig sind. "Die Leute müssten mehr arbeiten", findet Marija Frisch. "Die Menschen haben nichts, aber wenn man da eine Putzfrau sucht, findet man keine." Die deutsche Ordnung dagegen, die sei sehr in Ordnung. Verbissen findet sie die Deutschen nicht, und zu viel Lockerheit gehe in der Arbeit einfach nicht. "Ich bin schon eine halbe Deutsche", sagt sie und lacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: