Süddeutsche Zeitung

Mehr Kosten:Dauerbaustelle Schulzentrum

Die Generalsanierung in Geretsried wird um vier Millionen Euro teurer und zieht sich weitere zehn Jahre hin. Kreisräte besichtigen "Lerninseln".

Von Alexandra Vecchiato

Das Schulzentrum Geretsried (Realschule und Gymnasium) bleibt die kommenden zehn Jahre eine Baustelle. Dieser lange Zeitraum, den die Generalsanierung in Anspruch nimmt, schlägt sich in den Kosten nieder. Ging man im Landratsamt im April 2016 noch von knapp 38,7 Millionen Euro aus, beläuft sich die jüngste Berechnung auf circa 43 Millionen Euro. Das sei die beste Variante, die der Landkreis zu erwarten habe, sagte Hauptamtsleiter René Beysel im Kreis-Bauausschuss. Die Sanierung könnte demnach noch teurer werden.

Der Bauboom macht sich im Landkreis bemerkbar. Es ist ein großes Problem, Handwerkerfirmen zu finden. Wie Beysel berichtete, haben sich 20 Betriebe zwar die Ausschreibungsunterlagen für Fenster- und Sonnenschutzarbeiten am Schulzentrum Geretsried abgeholt. Aber kein einziges Angebot sei abgegeben worden. Was die Bauverwaltung im Landratsamt dazu zwinge, jeden einzelnen Anbieter abzutelefonieren und zu recherchieren, warum es keine Rückmeldung gegeben habe. Die Zeit dränge nämlich, sagte Beysel. Vor dem Winter müssten die neuen Fenster gesetzt sein. "Das hatten wir tatsächlich noch nie."

Um dieses Problem zu belegen, hatte der Hauptamtsleiter einen ARD-Fernsehbeitrag der Sendung "Report Mainz" zur Sitzung mitgebracht. Darin wird geschildert, welche Schwierigkeiten Kommunen bei der Vergabe von Bauaufträgen haben - und wie viel Geld mehr sie ausgeben müssen. Denn die Handwerker lassen sich ihre Dienste in dem Wissen, dass Städte und Gemeinden auf sie angewiesen sind, gut bezahlen. Zudem ist die öffentliche Hand längst kein "guter Kunde" mehr, da die Betriebe die strengen und komplizierten Vorgaben bei den Ausschreibungen scheuten. "Wir werden das nicht ändern können. Wir müssen die Sanierung durchziehen", betonte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). "Es werden auch wieder andere Zeiten kommen."

Vor der Sitzung hatten sich die Kreisräte über die sogenannten Lerninseln an der Realschule informiert. Seit dem Schuljahr 2017 ist für Fünft- und Sechstklässler das klassische System des Frontalunterrichts passé. Nach der Wissensvermittlung in den Klassenzimmern ist es den Schülern erlaubt, sich in die "Marktplätze" zurückzuziehen und dort zu arbeiten. Konrektorin Christine Venus-Michel führte bei der Besichtigung aus, dass es natürlich Strukturen und Regeln bedürfe, damit dieses System funktioniere. Bislang habe man nur gute Erfahrungen gemacht. So schrieben die Schüler gute Noten und wüchsen zu "starken Persönlichkeiten" heran, die sich für die Gemeinschaft verantwortlich fühlten. "Und das ist mir fast noch wichtiger", sagte sie. Für sie und ihr Team seien die Lerninseln ein Erfolgsmodell. "Am Anfang ist es ein Kampf, aber es rentiert sich. So muss Schule sein."

1,4 Millionen hat die Umgestaltung der sechs ehemaligen Klassenzimmer im 1992 errichteten "Musenbau" zu einer modernen Lernlandschaft gekostet. Venus-Michel würde sich wünschen, diese Form des Unterrichts zumindest auch in der zehnten Jahrgangsstufe etablieren zu können. Für die "pubertierenden siebten und achten Klassen" sei die Lerninsel womöglich nicht die richtige Unterrichtsform. Außerdem wollten auch nicht alle Lehrer an der Realschule so arbeiten. 20 von 60 Kollegen konnten für das neue System gewonnen werden, sagte Venus-Michel. Man dürfe niemandem so eine Umstellung überstülpen. Eine Einrichtung von Lerninseln in Etappen wünsche sie sich allerdings, betonte die Konrektorin.

Zurück in der Sitzung informierte das Architekturbüro Drescher und Kubina über den Zeitplan der einzelnen Bauabschnitte. Als nächstes geht es im Gymnasium weiter. Die Arbeiten sollen überwiegend in den Schulferien stattfinden. Sie finden in Abstimmung mit der Schulleitung statt. Vor allem die Abiturprüfungen sollen nicht tangiert werden. Konkrete Pläne für die neue Dreifachturnhalle werden dem Bauausschuss am Montag, 14. Mai, vorgestellt. Die Halle wird voraussichtlich 9,7 Millionen Euro kosten.

In nicht öffentlicher Sitzung vergab das Gremium Aufträge fürs Geretsrieder Schulzentrum in Höhe von zehn Millionen Euro. Allein bei diesen zwölf Vergaben habe man eine Kostenmehrung von zwölf Prozent hinzunehmen, sagte Beysel. "Das ist halbwegs erträglich."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3923596
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.03.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.