Mehr als 100 Nationalitäten in Geretsried:Engagiert und erfolgreich

Mehr als 100 Nationalitäten in Geretsried: Rudi Mühlhans und Kerstin Halba mit den Neuen im Team (v.li.): Dana Weidner, Mohamad Abdullah und Silke Reichert.

Rudi Mühlhans und Kerstin Halba mit den Neuen im Team (v.li.): Dana Weidner, Mohamad Abdullah und Silke Reichert.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Geretsrieder Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit betreibt Integrationsarbeit in den Schulen und Jugendzentren der Stadt. In seinem Team ist nun auch ein junger Syrer.

Von Benjamin Emonts und Laura Geigenberger

Mohamad Abdullah spricht leise, er wirkt zurückhaltend. "Er ist ein überlegter, zielstrebiger junger Mann", sagt Rudi Mühlhans. Und damit ist Abdullah weit gekommen: Der 28-jährige Syrer flüchtete aus seinem kriegsgebeutelten Heimatland in die Türkei und arbeitete zunächst zwei Jahre als Lehrer mit Flüchtlingskindern und für die Welthungerhilfe. Vor vier Jahren gelangte er dann nach Deutschland. Das Jobcenter vermittelte ihm ein Praktikum beim Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit (TVJA) in Geretsried. Er war dort so erfolgreich, dass Geschäftsführer Mühlhans ihn nun zum Festangestellten ernannt hat. "Er ist ein großer Gewinn für uns", sagt der Sozialpädagoge.

Erst diese Woche wurde dem Syrer sein Psychologie- und Pädagogikstudium an der Universität Damaskus offiziell als Bachelorabschluss in Deutschland anerkannt. Abdullah ist von jetzt an mit 36 Wochenstunden im Jugendtreff "Ein-Stein" und als Betreuer und Lernunterstützung in der sechsten Jahrgangsstufe der Karl-Lederer-Schule im Einsatz. Mit seinen Sprachkenntnissen in Deutsch, Kurdisch, Arabisch und Türkisch hilft er zudem in der Ganztagsbetreuung und im Freiwilligendienst an der Grund- und Mittelschule.

Im Bereich Schule hat der junge Syrer sogleich zwei neue Mitarbeiterinnen des Trägervereins an seiner Seite. Seit September verstärkt die Sozialpädagogin Dana Weidner das Kollegium der Ganztagseinrichtung "Deutschklasse". Den Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren - größtenteils eingewanderte Schüler ohne sprachliche Vorkenntnisse - bringt sie in 15 Wochenstunden die deutsche Sprache bei und leistet einen wöchentlichen Orientierungsunterricht, der den Jugendlichen die Integration in das Schul- und Stadtleben erleichtern soll. Silke Reichert, ebenfalls Pädagogin, ist nach zehnjähriger Selbständigkeit nun für den Trägerverein in der sogenannten "Intensivklasse" tätig. Sie ist ein Auffangbecken für Grundschüler, die massive Probleme in ihren Klassen haben. Reichert versucht, die Ursachen für das auffällige Verhalten herauszufinden, um den Kindern eine Rückkehr an ihre alte Schule zu ermöglichen.

"Es ist ein Erfolgsmodell", sagt Geschäftsführer Mühlhans über das schulische Engagement des Vereins - und die Jugendreferentin und Stadträtin Heidi Dodenhöft (Freie Wähler) pflichtet ihm bei: "Der Verein ist aus der Schule gar nicht mehr wegzudenken." Die Stimmung auf der Mitgliederversammlung ist am Mittwochabend dementsprechend gut. Auf dem Tisch stehen Äpfel, Trauben, Bananen und Gummibärchen - eine bunte Mischung ganz nach dem Geschmack des Trägervereins. Ihm geht es schließlich darum, ein buntes Angebot zu unterbreiten, um die Integration der mehr als 100 Nationalitäten in der Gemeinde zu fördern.

Und das funktioniert offenbar gut. Der Verein betreibt in der Stadt zwei Jugendzentren: bereits seit 1983 den "Saftladen" und seit 2001 das "Ein-Stein". Im Zuge der Städtebauförderung "Soziale Stadt" hat er das sogenannte Quartiersmanagement übernommen. Der Neue Platz in Geretsried, der Johannisplatz und der Stadtteil Stein sollen im Zuge des Projekts durch gestalterische und gesellschaftliche Initiativen zu einladenden Begegnungsorten umgestaltet werden. Die zahlreichen Veranstaltungen, die der Verein gemeinsam mit Bürgern organisiert, vom Weihnachtsmarkt über Stadtteilfeste bis hin zu einem Nachtflohmarkt, würden bereits hervorragend angenommen, betont Vereinsvorsitzende Kerstin Halba. In allen drei Quartieren wurden im vergangenen Sommer zudem Beiräte gewählt, die das Management und die Arbeiten vorantreiben sollen. Am Johannisplatz etwa sollen Bänke und Tische so platziert werden, dass Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Die Kindergärten der Stadt sollen aufgewertet werden und mittelfristig ein Bürgerhaus als gesellschaftlicher Treffpunkt entstehen. "Wir stecken mittendrin", sagt Geschäftsführer Rudi Mühlhans über die Entwicklung der "sozialen Stadt".

Die Zukunft des Projekts sei vorerst gesichert. Auch für die kommenden zwei Jahre habe der Trägerverein die finanziellen Mittel für das Quartiersmanagement zugesagt bekommen, zudem habe er die Option auf eine Verlängerung um zwei Jahre. "Das ist ein großer Vertrauensbeweis und ein Zeichen, dass wir gute Arbeit leisten", sagt Mühlhans. "Was die Stadt hier investiert, das zahlt sich aus." Bunt - und zwar mit Blumen - endet der Abend im Quartiertreff dann auch. Elisabeth Anton gibt ihren Platz im Beirat des Vereins nach 34 Jahren auf. "Wir haben gute Arbeit geleistet", sagt sie stolz.

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