Lange Zeit sah es so aus, als müsste der Stadtrat nur noch den Daumen heben, um Marvel Fusion nach Penzberg zu locken. Nachdem die Debatte um eine Ansiedlung des Energieunternehmens nun aber schon mehrere Runden gedreht hat, fällt das Bekenntnis der Firma nicht mehr so eindeutig aus. Nach der öffentlichen Berichterstattung über das geplante Kernfusionsprojekt habe Marvel Fusion "viele attraktive Grundstücke in ganz Deutschland angeboten bekommen", sagt Firmensprecherin Britta Weddeling. Diese Optionen werde man nun alle erst einmal gründlich prüfen. Erst dann soll eine Entscheidung darüber fallen, wo sich das Unternehmen niederlässt.
Für Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) war eine solche Reaktion zu erwarten. Weddeling betont zwar, dass das Unternehmen schon immer auch mit zahlreichen anderen Standorten gesprochen habe, das sei bei derart großen Bauvorhaben auch ein völlig normaler Vorgang. Bürgermeister Korpan hat aber durchaus das Gefühl, das Unternehmen auch ein Stück weit verprellt zu haben. Der Stadtrat sei "über das Maß hinaus kritisch" gewesen, sagt der Rathaus-Chef. So hat sich zum Beispiel die Fraktion von Penzberg Miteinander vor der am Dienstag anstehenden Stadtratssitzung noch einmal mit einem Fragenkatalog an Marvel Fusion gewandt. Darin wird unter anderem auch um die Offenlegung des Businessplans und des Gesellschaftervertrags gebeten. Solche Forderungen seien äußerst unüblich, so Korpan. Marvel Fusion brauche wie jede andere Firma Planungssicherheit. "Hätte sich der Stadtrat schon im November positiv entschieden, wäre die Sache jetzt vielleicht schon gelaufen", sagt er. So aber sei es weiter in der Schwebe, ob man für das letzte verbliebene Industriegrundstück am Nonnenwald eine geeignete Firma finde.
Marvel Fusion will am Nonnenwald mehrere Hundert Millionen Euro in ein Forschungsprojekt investieren. Nach Plänen des Unternehmens soll dort schon in zehn Jahren in einem Kernfusionskraftwerk so viel Energie erzeugt werden wie in fünf herkömmlichen Atomkraftwerken zusammen - und das CO₂-neutral und ohne atomares Risiko. Man verstehe, dass es bei so einem Großprojekt natürlich viele Fragen gebe, sagt Unternehmenssprecherin Britta Weddeling. Marvel Fusion habe deshalb auch zahlreiche Fragen von Bürgern beantwortet und die Stellungnahmen transparent auf der Webseite der Stadt veröffentlicht. "Es gibt aber ein paar Dinge, die üblicherweise aus Gründen der Vertraulichkeit nicht bereitgestellt werden", erklärt sie. Die Gesellschafterverträge zum Beispiel, die könne man natürlich nicht einfach so öffentlich machen.
Bürgermeister Korpan hofft, dass der Stadtrat am Dienstagabend seinem Vorschlag nun grundsätzlich zustimmt, das Industriegrundstück am Nonnenwald für knapp zehn Millionen Euro an Marvel Fusion zu veräußern. Ob die Firma dann tatsächlich nach Penzberg zieht, ist damit aber natürlich noch nicht geklärt. Korpan glaubt aber, dass die Stadt für das Unternehmen als Standort grundsätzlich attraktiv sei. Die Nähe zu München, die Berge und die Seen - all das seien gute Argumente für Penzberg.