Maria und Josef:Zwischen Loisach und Bergwald

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Warum die biblische Herbergssuche auch im Landkreis stattfinden könnte

Von Wolfgang Schäl

Es steht in diesen letzten Adventstagen, die zum Weihnachtsfest hinführen, das Besinnliche im Vordergrund, zumindest sollte es so sein, es geht ja um nicht weniger als um die Geburt des prominentesten Knäbleins der Religionsgeschichte.

Die biblische Herbergssuche samt ihren schwierigen Begleitumständen ist allgemein bekannt, entbehrt aber leider aller lokaler Bezüge. Wirklich?

Sie könnte doch ebenso gut bei uns, zwischen Loisach und Bergwald, geschehen sein, denn das Ringen um eine bescheidene, bezahlbare Bleibe ist ein zentrales Thema, hier und überall, heute wie vor zweitausend Jahren.

Rein immobilientechnisch formuliert stellt sich die Frage so: Gibt es bezahlbaren Wohnraum für ein Ehepaar, das aus heutiger Sicht zur Schicht der Geringverdiener und Aufstocker, ja zum Prekariat zu rechnen wäre? Der Vater, Handwerker im Baugewerbe, aber ohne Festanstellung, die Mutter zwar unbescholten, aber ungewollt schwanger und ohne Ausbildung - wo sollte da der doppelte Verdienstnachweis herkommen, ohne den heute auf dem freien Wohnungsmarkt gar nichts geht?

Dann vielleicht eine Bankbürgschaft? Kann man vergessen, die Banken sind ja bekanntlich selber notleidend. In dieser Lage müssten die beiden Baugenossenschaften mit ihren vielen hundert Sozialwohnungen einspringen, aber die haben definitiv nichts im Angebot. "Bitte tragen Sie sich bei Interesse in unsere Warteliste ein", das wäre die lapidare Homepage-Auskunft für Maria und Josef, sofern sie denn über ein Tablet oder einen Laptop verfügten. Denn ohne Internet geht bei der Herbergssuche sowieso nichts mehr.

Nun ja, da tut man sich nun schwer mit klugen Ratschlägen. Als Ultima Ratio empfehlen wir noch, es mit einer Gewerbeimmobilie zu versuchen, vielleicht fände sich da eine unbenutzte Garage, in der die Krippe samt Ochs und Esel Platz hätte. Oder ein leerstehender Laden in der Marktstraße. Einmal im Internet, würden Maria und Josef dann zwangsweise mitbekommen, welche aberwitzigen Warenströme die einst so unspektakuläre Niederkunft ihres Kindes in Bewegung gesetzt hat.

Es wäre gewiss ein Schock: Eine Krippe, die unter einer Halde von Amazon-Versandpaketen versinkt. Auch das ist ein Weihnachtswunder, ein Weihnachtswirtschaftswunder, das wir an dieser Stelle gar nicht schlechtreden, aber konstruktiv ergänzen wollen.

Analog zu den Geschenken der drei Könige aus dem Morgenland, die religions- und kunstgeschichtlich ja als Sinnbilder für Huldigung, Heilung und Reinigung gedeutet werden, kann man selber auch ein paar Symbole unter den Christbaum legen. Das hätte viele Vorteile, denn die sind kostengünstig und umweltfreundlich, müssen nicht eingepackt werden und verstauben nach dem Fest nicht im Regal.

Ungewöhnliche Dinge könnte man so schenken: vielleicht sogar ein bisschen Besinnlichkeit.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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