Marcus H. Rosenmüller:"Ein Sehnsuchtsort ohne Regeln"

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Ein leeres Hallenbad als Abenteuerspielplatz, dort verbringen die Kinder im Film viel Zeit. Am Set im Alpamare erklärt Marcus H. Rosenmüller (rechts) seinem Darsteller Colin Badura (Mitte), wie er sich die Szene vorstellt. (Foto: Marc Reimann/SquareOneEntertainment/oh)

Der Regisseur dreht seinen ersten Kinderfilm, auch in Bad Tölz. Im Interview spricht er über Schwierigkeiten bei den Hausaufgaben, die Wichtigkeit des Spielens und seine Erinnerungen ans Hallenbad

Interview von Lisa Kuner, Bad Tölz

Marcus. H. Rosenmüller hat sich in seinen Filmen wie "Wer früher stirbt, ist länger tot" mit seiner Heimat auseinandergesetzt und mit ihnen große Erfolge gefeiert. Gerade dreht er den Kinderfilm "Unheimlich perfekte Freunde" - auch im Alpamare, in dem er schon als Kind Spaß hatte.

SZ: Wie hätte Ihr imaginärer Zwilling ausgesehen? Was hätte er gekonnt?

Marcus H. Rosenmüller: Der hätte bestimmt die Hausaufgaben und den Abwasch erledigt und wäre ein bisschen ordentlicher gewesen als ich. Fast so wie Frido im Film. Der macht alles, was der echte Frido nicht so gut kann. Hausaufgaben, Fisch essen . . .

Wann hätten Sie ihn am meisten gebraucht?

Bei den Hausaufgaben. Ich habe mich immer leicht ablenken lassen. Das stand dann auch im Zeugnis: "Marcus ist ein aufgeweckter Schüler, aber er lässt sich leicht ablenken." Ich habe in der Schule unter dem ganzen Ruhigsitzen wirklich ein bisschen gelitten. Nachmittags beim Toben konnte ich die Schule vergessen. Meist sind mir die Hausaufgaben dann erst am nächsten Morgen wieder eingefallen.

Wie sind Sie auf den Drehort gekommen?

Es sollte ein Sehnsuchtsort für Kinder sein. Da gibt es dann Location-Scouts, die suchen einen Ort. Von Anfang an dachten wir an ein Schwimmbad. Wir hatten auch mal eine Bowlingbahn überlegt. Es sollte ein Ort sein, an dem Kinder Kinder sein können. Ohne Erwachsene, ohne Regeln. Dann kam heraus, dass das Alpamare leer steht. Das ist ein richtiger Sehnsuchtsort, ein Abenteuerspielplatz für Kinder.

Wie ist es, hier zu drehen?

Es ist schon komisch, hier zu drehen. Als Kind hab ich hier getobt. Gerne, weil es ein Riesenspaß war, aber selten, weil es einigermaßen teuer war. Das war auch für mich ein Sehnsuchtsort. Es ist toll, hier zu drehen, aber man sieht jetzt auch den Zahn der Zeit. Es stimmt mich traurig, wie der Ort jetzt so tot daliegt.

Ihre Filme haben sonst immer eine bayerische Note, gibt's die hier nicht?

Nein. Das ist sozusagen mein erster hochdeutscher Film.

Wie sind Sie auf Luis Vorbach in der Hauptrolle gekommen? Wie viele Kinder wurden gecastet?

Luis stach beim Casting aus den circa 150 Kindern heraus. Es war sofort klar, dass er im Film dabei sein muss.

Warum haben Sie sich entschlossen, diesen Film zu machen?

Ich war vollkommen begeistert vom Drehbuch. Es behandelt ein ernstes Thema, aber nicht mit dem moralischen Zeigefinger. Es erzählt mit Leichtigkeit eine spannende und lustige Geschichte, aber mit einer wichtigen Tiefe. Die Tiefe kommt dann aus der Gratwanderung: Inwieweit muss ich mein Kind vorbereiten aufs Leben, wie viel Freiheit braucht das Kind zum Spielen, zum Sich-selbst-sein. Auch wie viel Eigenverantwortlichkeit. Und dann das Ganze garniert mit der verrückten Idee mit den Doppelgängern.

Warum ist das Thema des Films gerade heute wichtig?

In den meisten Schulen werden Kinder danach beurteilt, wie gut sie in den Unterrichtsfächern sind, aber nicht danach, welche Talente sie ansonsten haben. Für jemanden, der sich in der Schule nicht leicht tut, kann eben der Unterricht zu einem frustrierenden Erlebnis werden - und mit Sicherheit auch zu einem Minderheitskomplex führen, der einen noch weiter lähmt. Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder schon früh ausgesiebt werden, und erhöhen oftmals den Druck. Und pausenlos werden Kinder verplant und ihrer Kindheit beraubt. Ich glaube, der Film zeigt ganz gut, dass es gut ist, nicht perfekt zu sein, dass man sich so akzeptieren soll, wie man ist. Und dass man als Kind ein Recht auf scheinbar sinnloses Spielen hat. Spielen ist ja die wichtigste Zeit in der Kindheit.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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