Loisachtaler Bauernbühne:Im OP der Dr. Franka Stein

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Dr. Franka Stein (Christine Brauner, Mitte), mit ihren Assistentinnen Innocentia (Melanie Tobian, links) und Ignatia (Kerstin Klemenz, rechts). (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Ensemble inszeniert die derb-gruselige Komödie "Hirn" und lässt dabei zur Freude des Publikums kein noch so schrilles Späßchen aus. Premiere und acht Aufführungen in Geretsried.

Von Wolfgang Schäl, Geretsried

Gehirne werden zum Glück nicht oft geklaut, aber manchmal passiert es halt doch. So hat sich der Pathologe Thomas Harvey im Jahr 1955 unerlaubterweise der Hirnwindungen Albert Einsteins bemächtigt und sie in Einweckgläsern aufbewahrt, in der Überzeugung, er tue damit der Wissenschaft bei der Ergründung des Genialen einen Gefallen. Soweit, so makaber, aber ist dieser Frevel Stoff für eine Slapstick-Komödie? Na klar, jedenfalls für die Loisachtaler Bauernbühne. Sie hat längst ihren Hang zum Gruseligen entdeckt, das ja nahe am Komischen angesiedelt ist.

So hat die Truppe um Regisseurin Monika Schwenger im vergangenen Jahr mit dem "Vampir von Zwicklbach" schon erfolgreich einen Untoten auf die Bühne gebracht, der für jede Menge Chaos gesorgt hat. An Verwicklungen aller Art mangelt es auch beim jetzt inszenierten Schwank "Hirn" nicht, für den sich am Wochenende im Geretsrieder Ratsstubensaal der Premierenvorhang öffnete.

Im Mittelpunkt steht Dr. Franka Stein (Christine Brauner), die mit der klassischen Frankenstein-Romanfigur von Mary Shelley freilich wenig gemeinsam hat, allenfalls den etwas zu sorglosen Umgang mit dem menschlichen Geist. Frankas Idee: Das Gehirn Einsteins, das sie in ihrem Horrorlabor auf Eis gelegt hat, soll einem jungen Adonis eingepflanzt werden. Sie hat die Hoffnung, sich auf dem Wege der Transplantation einen ebenso schönen wie hochintelligenten Ehemann verschaffen zu können.

Als neurochirurgisches Besteck genügt ein grober Meißel samt Hammer für den Schädel, die Transplantation erfolgt per Salatlöffel, das auserkorene Opfer ist ein Jüngling namens Siegfried Sieg (Tom Janoschi), der zwar erfolgreich operiert wird, mangels Stromversorgung aber statt eines begnadeten Gehirns anschließend einen Dachschaden hat. Ein Monster ist er jedenfalls nicht.

Um die verwickelte Handlung voranzutreiben, bedarf es noch der beiden schlafmützigen Assistentinnen Innocentia (Melanie Toban) und Ignatia (Kerstin Klemenz), des hochgradig schwulen Hochzeitsplaners Daffyd Dreamy (Andy Wastian), des scheinheiligen und geldgierigen Pfarrers Pater Ambrosius (Wiggerl Gollwitzer), des Staubsaugervertreters Felix Felicio (Franz Foitzik) und Siegfried Siegs eigentlicher Braut Gloria Reich (Michaela Schelshorn). Die bekommt ihren Verlobten am Ende dann doch im Originalzustand wieder zurück, nachdem ihm sein eigenes Hirn, das vorübergehend im Mülleimer gelandet war, per Salatlöffel wieder eingesetzt wurde. Dr. Franka Steins Traum vom idealen Mann ist damit allerdings leider ausgeträumt.

Das alles ist - wieder unter der Regie von Monika Schwenger - mit viel Situationskomik und derben bis frivolen Späßen gewürzt: Die schrillen Anzüglichkeiten des hysterischen Hochzeitsplaners Dreamy, der mit knallrosa Rüschenbluse durchs Geschehen stöckelt und selbst vor dem entsetzten Pater Ambrosius nicht haltmacht; die Assoziationen, die sich mit einem Staubsaugerschlauch verknüpfen lassen - das alles quittierte das begeisterte, nicht gerade prüde Premierenpublikum mit Szenenapplaus. Besonders Tom Janoschi alias Siegfried Sieg erfuhr enthusiastische Unterstützung aus seinem im Saal versammelten Freundeskreis.

Erwähnenswert ist das stimmungsvolle, von Max Prestel und seinem Team entworfene Bühnenbild mit dem gruseligen Operationssaal - die Zuschauer durften erstmals bei offenem Vorhang die genau ausgeklügelten Umbauarbeiten verfolgen.

"Hirn" ist das 35. Stück in 35 Jahren, die Loisachtaler Bauernbühne hat seit 1981 jedes Jahr eine Komödie inszeniert - eine mehr als bemerkenswerte Leistung.

In den Geretsrieder Ratsstuben ist "Hirn" bis 13. November noch acht Mal zu sehen, freitags und samstags jeweils beginnend um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr; in der heimischen Wolfratshauser Loisachhalle wird es leider nur ein Mal, am Samstag, 19. November, gegeben

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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