Loisachhalle:Trauerspiel hinter dem Vorhang

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Stadt, Hofbräuhaus und Flößereiwirte hadern mit der Entwicklung der Loisachhalle - und schieben einander die Schuld zu.

Matthias Köpf

Die Loisachtaler Bauernbühne zum Beispiel. Die Wolfratshauser Volkstheatergruppe hat die Loisachhalle seit Mitte der Achtziger Jahre eigentlich immer gefüllt, bis diese vom Landratsamt wegen schwerer Baumängel geschlossen wurde. Ein gutes Jahr nach der Wiedereröffnung im Juli 2009 scheinen die Bauernbühne und ihr Publikum dort aber fast zu fremdeln. Dabei stellt das Ensemble mittlerweile sogar den Wolfratshauser Kulturreferenten, Wiggerl Gollwitzer.

Es könnte ja so schön sein in der Loisachhalle: Mimen des Projekts "Roter Faden" sind dort im vergangenen Jahr aufgetreten. Wie es weitergeht, steht in den Sternen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn es um die Buchung der Halle geht, wendet sich der Kulturreferent Gollwitzer mit seinem eingetragenen Verein zwar auch an die Stadt, danach aber doch an den Wirt des Gasthauses Flößerei, von dem er die Halle billiger mieten kann. Die konnte sich die Bauernbühne ohnehin stets nur für ein Wochenende leisten. Zuvor spielt sie ihr Stück lieber in den Geretsrieder Ratsstuben, wo der Wirt auf jede Saalmiete verzichtet und sich mit dem Umsatz der zahlenden Gäste zufrieden gibt.

Die Befürchtung, dass die Stadt und der private Betreiber der Loisachhalle eher nebeneinander als miteinander agieren und sogar um Veranstaltungen konkurrieren würden, knüpfte sich schon immer an das Public-Private-Partnership-Modell mit dem Hofbräuhaus Traunstein.

Letzteres hat die marode Halle mit einem städtischen Baukostenzuschuss von mehr als vier Millionen Euro saniert und durfte dafür daneben die Flößerei bauen, von der aus die Halle gastronomisch versorgt wird. Die Stadt war im Gegenzug das Betreiberrisiko der Halle samt der laufenden Kosten los und freute sich, bald wieder das "Kulturzentrum des Oberlands" zu beherbergen und es auch selber wieder ein bisschen zu sein.

Finanziell aus dem Schneider

Von diesen Erwartungen ist allerdings nur der erste Teil eingetroffen, wie Bürgermeister Helmut Forster einräumt. Die Stadt zahlt über gewisse Kostenverrechnungen mit dem Hofbräuhaus indirekt für 25 Veranstaltungstage im Jahr, die sie ausschöpfen kann oder auch nicht. Ab dem 26. Tag wird sie behandelt wie jeder andere Veranstalter auch.

Die Passage, dass die Stadt die Halle an 25 Tage bespielen muss und ein Anrecht auf weitere 25 Nutzungstage hat, war zwar Gegenstand der Verhandlungen, ist aber tatsächlich nie in den Vertrag mit dem Hofbräuhaus eingegangen. Dass der öffentlichen Auffassung von den 25 plus 25 Tagen nie jemand widersprochen hat, gehört zu den Merkwürdigkeiten des Themas, die auch der Bürgermeister nicht erklären kann.

Finanziell sei die Stadt jedenfalls aus dem Schneider, versichert Forster. Doch zum Kulturzentrum des Oberlands "fehlt es schon noch ein ganzes Stück", sagt Forster, der mit den Flößerei-Wirten Beppi Bachmaier und Philipp Paradiso auch schon zwei Hauptschuldige ausgemacht hat.

Die beiden haben die Flößerei samt der Verantwortung für die Loisachhalle vom Hofbräuhaus Traunstein gepachtet und waren als Betreiber und Programmgestalter des Münchner Fraunhofer in Wolfratshausen voller Hoffnung empfangen worden. Ihre eigene Hoffnung, auch Publikum aus München an die Loisach locken zu können, hat sich jedoch nie erfüllt. Das mag zumindest in Wolfratshausen niemanden verwundern, da die Halle - außer Auftritten der städtischen Musikschule und des Philharmonischen Orchesters Isartal - kaum Exklusives zu bieten hat.

Auch Stardirigent Yoel Gamzou war in diesem Sommer mit der Neuen Philharmonie München (frueher Ensemble Interculturel) in der Loisachhalle. (Foto: Manfred Neubauer)

Da auch Bachmaier und Paradiso sichtlich Mühe hatten, das Jahr mit Veranstaltungen und diese mit Publikum zu füllen, haben sie zuletzt angekündigt, künftig auf ein eigenes Programm zu verzichten und die Halle nur noch an externe Veranstalter zu vergeben. Dies hat die Wolfratshauser Lokalpolitik in Aufregung versetzt, die auch durch zwei Vorschläge Paradisos nicht kleiner wurde: Davon, dass die Stadt das Programm doch mit einem Zuschuss unterstützen könne, wollen Bürgermeister und Stadträte ebenso wenig wissen wie davon, dass die Wirte die Verantwortung für die Halle ganz abgeben und sich auf ihr Gasthaus konzentrieren.

Stattdessen wurden jüngst im Kulturausschuss Vorwürfe an die Wirte laut: In der Halle mangele es am Service und an der Qualität der Speisen, im Wirtshaus am nötigen Flair, hieß es. Paradisos Vorstöße empfanden Die Räte als Unverschämtheit. Der Bürgermeister sieht die Ursache für die oftmals ziemlich leere Halle in der fehlenden Werbung.

Da spare man am falschen Ende. Er habe den Wirten mehrmals angeboten, auch ihre Veranstaltungen ins städtische Werbekonzept aufzunehmen, sagte Forster. "Aber der Herr Paradiso hat gesagt, dass er das nicht braucht." Vertragspartner der Stadt ist indes das Hofbräuhaus Traunstein, das sich laut Forster an alle Abmachungen hält.

"Die Stadt kanns auch nicht besser"

Hofbräuhaus-Chef Dietrich Sailer sieht zumindest das ganz ähnlich - und hat "keinerlei Gesprächsbedarf" mit der Stadt. Das Verhältnis zu ihr ist spätestens in der Endphase der Sanierung abgekühlt, als erbittert über Kleinigkeiten gestritten wurde. Er habe den Eindruck, dass sich die Stadt aus der Loisachhalle zurückziehe, zumal deren Veranstaltungen auch kaum als Paradeerfolge gelten dürften, sagt Sailer.

"Die Stadt kann's auch nicht besser." Wenn seine Pächter das Programm nun Dritten überlassen wollten, reiche das aus, die Betriebspflicht des Hofbräuhauses aus dem Betreibervertrag zu erfüllen. "Aus meiner Sicht passt das", sagt Sailer - und wenn die Stadt "einen Kulturluxus" haben wolle, dann sei sie eben selbst gefordert

Philipp Paradiso sitzt derweil in seinem Büro und beschränkt sich auf zwei Sätze. Die Diskussion sei lächerlich, sagt er und geht auf Distanz zur Stadt: "Diese Landposse lassen wir Landposse sein."

© SZ vom 17.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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