Literarischer Herbst:Zu Besuch beim Herrn der Federn

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Die Einladung "Bei Peter Gaymann zu Hause" nehmen rund 50 Gäste an und dürfen dem berühmten Karikaturisten über die Schulter schauen, wie er in Neufahrn lebt, liest und zeichnet - mit aktuellen Kostproben und viel sprühendem Geist.

Von Ute Pröttel, Schäftlarn

Sogar bis"in den Olymp",sein Atelier unterm Dach, ließ der Karikaturist Peter Gaymann die Besucher. Mit schnellem Strich warf er zur Freude des Publikums auch einen seiner berühmten Hühner-Cartoons aufs Papier. (Foto: Hartmut Pöstges)

Den Marienhof im Schäftlarner Ortsteil Neufahrn hat Peter Gaymann nicht erworben, um sich aufs Altenteil zurückzuziehen. Das wird bei der Lesung des deutschlandweit bekannten Cartoonisten im Rahmen des Literarischen Herbstes schnell klar. Als die Kulturveranstalterin Elisabeth Carr bei Gaymann anklopfte, stand die Türe bereits offen. "In Köln gibt es eine ganz ähnliche Veranstaltungsreihe", erzählt Gaymann, "die heißt ,Literatur oder Musik in den Häusern der Stadt'. Meine Frau Viktoria und ich, wir sind dort gerne hingegangen", hatten aber selber nicht ausreichend Platz, um Gastgeber zu sein. Und so war die Teilnahme an der Starnberger Reihe "Literarischer Herbst" beschlossene Sache und Gaymann fertigte gleich noch ein Cartoon dazu.

Ein schon etwas in die Jahre gekommenes Huhn mit Lesebrille dümpelt in dem mit Büchern vollgeladenen Kahn "Poesie" auf den blauen Fluten eines bayerischen Sees. In der Ferne der obligatorische Zwiebelturm vor der Silhouette der Berge. Gaymanns Bilder erzählen Geschichten. Seit vielen Jahren zeichnet er die Serie "Paar Probleme" für die Frauenzeitschrift Brigitte. Berühmt geworden ist er aber mit Hühnern. Forciert habe er das nicht. "Ich habe auch Giraffen, Katzen und Schnecken gemalt", erzählt der Autodidakt launig von seinen Anfängen als Zeichner der "Tierischen Blätter" für die Freiburger Badische Zeitung.

Während er spricht, wirft er mit schnellem Strich einen seiner frühen Cartoons aufs Papier. Zu erkennen ist zuerst ein Brathühnchen. "Vielleicht lag es an der Glanzzeit einer österreichischen Hühnchenbraterei", sinniert er. Daneben zeichnet er eine dem Schmaus zugeneigte Hühnerdame mit Perlenkette, deren Tränen beinahe den Starnberger See bilden. Doch erst der Text, den Peter Gaymann darüberschreibt, löst begeisterte Lacher aus: "Alfons, sag doch was!" Zwischen Bild und Text liegt Gaymanns Humor. Die Hühner kamen einfach am Besten an. Heute passiere es ihm gelegentlich, dass Menschen zu ihm sagen: "Ach Herr Gaymann, ich lese immer ihre Hühner in der Brigitte." - "Dabei habe ich für die Serie in 26 Jahren noch nie ein Huhn gemalt!" schwört er. Gaymanns Gäste amüsieren sich.

Hühner-Cartoon
:Peter Gaymann zeichnet

Peter Gaymann berichtet den Besuchern über seine Arbeit und zeigt anhand einer Live-Zeichnung das Entstehen seiner Cartoons.

Von Claudia Koestler

Der 68-Jährige ist kein Witzereißer, doch er hat etwas Sprühendes an sich. Dass er nun endlich mehr als eine Handvoll Gäste einladen kann, ist ein großer Vorzug seines neuen Domizils. Beinahe auf den Tag genau vor einem Jahr ist der gebürtige Freiburger zusammen mit Frau Viktoria von Köln in das neue Haus nach Bayern gezogen. Der Marienhof war das erste Gasthaus am Ort. Erstmals erwähnt wurde die Hofstelle bereits 1313. Das heutige Gebäude stammt aus dem Jahr 1787. Und dass die Datierung exakt ist, bestätigen die Jahresringe der Dachbalken, unter denen Gaymann sein bayerisches Atelier eingerichtet hat. Gattin Viktoria hat ein bautechnisches Gutachten machen lassen. Die Dämmung musste von außen auf das Dach aufgebracht werden, damit die bestens erhaltenen alten Balken sichtbar bleiben.

Zur Lesung "Bei Peter Gaymann zu Hause" kommen gut 50 Gäste, darunter die neue Nachbarin in Neufahrn, aber auch der langjährige Starnberger Stadtrat Holger Knigge und die Kulturreferentin des Landratsamtes Starnberg, Barbara Beck.

Auf der Staffelei im Wohnzimmer legt ein Huhn gerade ein Ei, darüber steht "Ohne Lesen könnte ich nicht mehr legen". Wie Gaymanns Humor funktioniert, ist augenscheinlich, aber wie kommt er darauf? Woher kommt der Impuls? Das hinterfragt der Zeichner immer wieder selbst und liest an diesem Abend Auszüge von Otto Reutter, Tomi Ungerer und Sempé. Das Publikum lernt ihn auch von einer nachdenklichen Seite kennen. Dann dürfen endlich alle hinauf, "in den Olymp", wie der Künstler selber sagt, und nach Herzenslust im Atelier unter dem Dach in Gaymanns Büchern, Bildern und Postkarten stöbern.

Hier entstehen derzeit übrigens die Zeichnungen für Gaymanns neuestes Buch, "Typisch Bayern", das im Jahr 2020 erscheinen soll. Eine aktuelle Kostprobe hatte er zuvor schon zum Besten gegeben: Neben einem aus dem Zapfloch spritzenden Bierfass freut sich ein Gockel in Lederhosen und mit Schlegel in der Hand: "O'batzt is'!" Wie er es hinbekommt, dass der Gockel irgendwie Gesichtszüge des amtierenden Oberbürgermeisters trägt, bleibt Gaymanns Geheimnis.

Sämtliche Zeichnung, die an solchen Abenden entstehen, kommen übrigens der Deutschen Kinderhospiz-Stiftung zu Gute.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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