Liedermacherfestival:Im unbeschwerten Plauderton zum Erfolg

Liedermacherfestival: Abgefahren, dieser Dialog zwischen Jesus und Gottvater: Mit seinen hintergründigen Liedern überzeugte Peter Fischer das Geretsrieder Publikum.

Abgefahren, dieser Dialog zwischen Jesus und Gottvater: Mit seinen hintergründigen Liedern überzeugte Peter Fischer das Geretsrieder Publikum.

(Foto: Wolfsbauer)

Der Münchner Musikkabarettist Peter Fischer singt sich in die Herzen des Publikums in Geretsried. Die Jury hatte einen anderen Favoriten.

Von Sabine Näher, Geretsried

Kurz vor 19 Uhr ist es am Freitagabend noch erschreckend leer in der Aula der Karl-Lederer-Grundschule in Geretsried. Das lang ersehnte Grillwetter und der unvermeidliche Fußball scheinen ihren Tribut zu fordern. Doch unmittelbar vor dem Beginn des 6. Liedermacherfestivals füllen sich die Reihen doch noch, sodass die fünf Kandidaten vor einem ansehnlichen Publikum auftreten können.

Als erster Frank Bayer aus Fürth. Er lebt seit fünf Jahren in Deutschland, da er den größten Teil seines Lebens in Amerika verbracht hat, singt er auf Englisch. Um ein positives Lebensgefühl und seinen Glauben an Gott geht es im ersten Song. Mit leicht rauchiger, verhauchter Stimme, in sich versunken, selten ins Publikum schauend, zelebriert Bayer seinen Auftritt. Die Gitarrenbegleitung ist nicht ganz so ausgefeilt; die Wirkung seiner Stimme steht eindeutig im Vordergrund. Nach einem aufgewühlten Liebeslied bringt er zum Abschluss "etwas Trauriges", eingehend auf die "vielen schlimmen Dinge, die gerade auf der Welt passieren". Die Gitarre verströmt zarte Melancholie, doch die Betroffenheit wirkt ein wenig aufgesetzt.

Am Flügel präsentiert sich der zweite Kandidat, Peter Fischer aus München, Student der Romanischen Philologie, Musikkabarettist und Liedermacher. Er ist eher der intellektuelle Typ: "Ich hab' am Klavier früher Klassik gelernt", doch ein falscher Ton habe den ganzen Vortrag "versaut". Nun spiele er nur noch eigene Musik: "Beim ersten Mal ist es ein Fehler, beim zweiten Mal ist es Jazz . . ." Fischer geht äußerst souverän mit dem Flügel um, seine Stimme erinnert frappant an den jungen Reinhard Mey; er hat genau diesen unbeschwerten Plauderton. Seine Texte sind hintergründig, auch das Liebeslied "Armbanduhren", in dem er die Perspektive eines alten Mannes einnimmt, der auf sein Leben und seine Liebe zurückschaut. Seine Schlussnummer ist ein Dialog zwischen Jesus und Gottvater, völlig abgefahren und respektlos, aber wirklich witzig - und kommt super an.

Oliver Gehrung aus Schwäbisch-Hall hat Querflöte und Gitarre studiert und ist Musiklehrer. Er beginnt am Flügel mit einem Liebeslied für eine Frau, die von seiner Zuneigung nichts ahnt. Als er das schrieb, habe er so etwas romantisch gefunden. "Aber jetzt bin ich in einem Alter, wo das nur noch bemitleidenswert ist." Die Klagen über die Last des Alters besingt er an der Gitarre: "Begrabt mich im Wald, doch bitte noch nicht so bald! Ich bin 42, das ist noch nicht so alt . . ." Ganz böse wird es dann im Lied über die gestorbene Katze, als sich heraus stellt, dass der Sänger an deren Tod nicht ganz unschuldig ist.

Aus Österreich kommt Erwin Reisinger. Als "Entwicklungshelfer und Umweltaktivist" wird er von Bürgermeister Michael Müller, der den Abend moderiert, angekündigt. Tatsächlich verkörpert der Grazer mit Lockenkopf und Vollbart den typischen "Öko". Seine Lieder haben etwas Missionarisches; er wirkt mit seiner Flower-Power-Ausstrahlung ein wenig aus der Zeit gefallen. Der Funke zum Publikum springt nicht so ganz über.

Martin Herrmann aus Heidelberg hat in Freiburg studiert und in München als Lehrer gearbeitet, ehe er sich dem Musikkabarett zuwendete. "Warum der - und nicht ich oder du? Das liegt nur am IQ", heißt der Refrain seiner hintersinnigen Nummer, die den Lehrer nicht verleugnen kann, aber es gibt ja auch unterhaltsame Exemplare. Ein Beziehungslied ("Da stimmt wahrscheinlich die Chemie nicht") nimmt einen unerwarteten Ausgang. Bei Herrmann steht das Erzählen einer Geschichte im Vordergrund; er wirkt ein wenig wie ein singender Bruno Jonas. Sein Bandwurm-Lied gleitet schließlich ins Skurrile ab. Eigentlich keine Überraschung: Er ist der Favorit der Jury. Und ebenso wenig überrascht, dass das Publikum Peter Fischer auf Platz 1 wählt. Aber der gibt sich überrascht, dass er nun eine Zugabe singen soll. Und wählt ein zweideutiges Liebeslied für Annegret.

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