Liebenswürdiger Anti-Held:Kasperl Larifari auf Fliegenjagd

Starnberg Marionettentheater

Ein bisschen feig, ziemlich faul und trotzdem der Held aller Kinder: Kasperl Larifari in "Das tapfere Schneiderlein".

(Foto: Georgine Treybal)

Starnberger Marionettentheater spielt "Das tapfere Schneiderlein"

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Da steht er auf der Bühne, im typischen Franz-Graf-von-Pocci-Stil, wie ihn die Kinder lieben: der Kasperl Larifari in roter Jacke, mit grünem Brustlatz, gezackten Kragen und spitzen Hut. Er brauche immer ein frisches Bier, sagt er. Doch sein Eheweib sei gegen diesen Zeitvertreib. "Sie schimpft bloß, das ist vieler Männer Los." Seine Frau kontert, dass er nur ein fauler Gschaftlhuber sei. Eigentlich ist Poccis Kasperl gar kein Held, wie ihn Kinder erwarten. Er ist schreckhaft und zuweilen feige, versucht sich vor der Arbeit zu drücken, wann immer es möglich ist. Dennoch zieht er die Kinder während der Aufführung "Das tapfere Schneiderlein", das derzeit vom Starnberger Marionettentheater gespielt wird, in seinen Bann. Sie hängen an seinen Lippen und zittern mit ihm mit, wenn er beim Anblick eines bösen Einhorns, eines Wildschweins oder zweier Riesen schlottert vor Angst.

Das Starnberger Marionettentheater ist beliebt, die Nachmittagsvorstellung am Samstag im VHS-Gebäude war mit knapp 100 Besuchern ausverkauft. Im vergangenen Jahr konnte das Ensemble 800 Besucher verzeichnen. Seit 1986 gibt es das Starnberger Marionettentheater. Damals hatte Arnulf Gnam der Stadt seine Marionettensammlung vermacht unter der Auflage, dass mit ihnen gespielt werde. Daher suchte die VHS damals Spieler. Einer der Mitbegründer war der im vergangenen Jahr verstorbene Egon Blädel, der für seine Verdienste 2009 mit dem Pocci-Preis sowie 2010 mit der Bürgermedaille der Stadt Starnberg ausgezeichnet wurde.

"Das tapfere Schneiderlein" war 1986 die erste Aufführung des Marionettentheaters, zu Blädels Ehren wird das Märchen nun wiederholt. In den mehr als 33 Jahren sind viele Ensemblemitglieder aus Altersgründen ausgeschieden, neue kamen hinzu. Die Puppenstimmen sind jedoch noch immer in der ursprünglichen Besetzung zu hören mit Blädel als Kasperl Larifari. Uwe Mertsch ist einer der wenigen Mitglieder, die von Anfang an dabei waren. Es sei allgemein üblich, dass die Stimmen vom Band abgespielt würden, erklärt er. Die Spieler hätten genug zu tun, die Fäden zu ziehen und die Glieder der Puppen zu bewegen.

Ein bis zwei Jahre Erfahrung braucht ein Spieler laut Regisseur Mertsch, bis er mit den vielen Fäden zurechtkommt und sich an der Aufführung beteiligen kann. Die Anzahl der Puppen ist mittlerweile auf etwa 320 Stück angewachsen. Hinter der Bühne hängen sauber aufgereiht die Marionetten, die für die Aufführung benötigt werden. In Regalen sind die liebevoll bemalten Kulissen und Accessoires ordentlich gestapelt. Normalerweise werden die Pocci-Stücke im Original aufgeführt. Da sie aus der Zeit um 1850 stammen, müssen sie jedoch angepasst werden, um Ausdrücke, die in der heutigen Zeit nicht mehr korrekt sind, abzumildern und zu entschärfen. Doch manches lässt sich laut Mertsch nicht umschreiben, wie beispielsweise vorurteilsbehaftete Dialoge des Kasperls. Die Kinder stört das nicht, sie sind so begeistert, dass sie nach der Vorstellung geduldig anstehen, um ein Selfie mit ihrer Lieblingspuppe zu machen.

Für das Ensemble beginnt nach den Aufführungen die neue Saison. Manche Stücke werden im Sinne Poccis neu geschrieben. Schon jetzt schreibt Margit Hofstetter ein Stück für die Saison 2021 um. Im Februar werden sich alle Mitglieder zusammensetzen, um die Details festzulegen. Heidi Janicek malt dann die Kulissen und stellt, falls erforderlich, neue Puppenskelette her. Rund 100 Stunden benötigt sie dafür. Für den Kasperl Larifari wird übrigens eine neue Stimme gesucht. Interessenten können sich bei den Aufführungen oder im Kulturamt unter Telefon 08151/77 21 70 melden.

Weitere Vorstellungen im Januar immer samstags (15 und 17.30 Uhr) und sonntags (11 und 14 Uhr) im VHS-Gebäude am Bahnhofsplatz Starnberg, Karten unter Tel. 08151/77 21 70 oder veranstaltungen@starnberg.de

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