Letzte Sitzung :Abschied vom Stadtbaumeister

Letzte Sitzung : Ende einer Ära: Der Tölzer Stadtbaumeister Hannes Strunz hat circa 250 Sitzungen beigewohnt.

Ende einer Ära: Der Tölzer Stadtbaumeister Hannes Strunz hat circa 250 Sitzungen beigewohnt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Hannes Strunz geht nach 27 Jahren in Bad Tölz in den Ruhestand

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Als Hannes Strunz zum ersten Mal als Stadtbaumeister in einer Sitzung des städtischen Bauausschusses in Bad Tölz saß, geschah etwas Ungeheuerliches: Die Stadträte lehnten den Neubau eines großen Hotels ab. Das vierstöckige Gebäude sollte gegenüber vom Jodquellenhof entstehen. Das war vor 27 Jahren. Die Zeiten haben sich längst geändert. "Heutzutage würde man sich freuen, wenn jemand so einen Antrag stellen würde", sagte Strunz, der am Dienstagabend zum ungefähr 250. und letzten Mal als Stadtbaumeister im städtischen Bauausschuss zu sehen war. Der 64-Jährige geht in den Vorruhestand und dann am 30. November endgültig in Pension.

Das Spaßbad Alpamare lockte noch Besucher in Scharen an, der Jodquellenhof war noch ein Hotel, die US-Streitkräfte waren abgezogen, die Kaserne auf der Flinthöhe stand leer und wurde vom Bund für 120 Millionen Mark zum Kauf angeboten: Das war im Jahr 1993, als Strunz seinen Dienst als Stadtbaumeister begann. Die Sitzungen fanden noch im alten Saal des Rathauses statt, wo es winters zugig und sommers heiß war. Strunz heftete die Baupläne viele Jahre lang an eine Pinnwand, einen Computer oder auch einen Beamer gab es nicht. Umso wortgewandter kommentierte er manche Bauanträge. Er führte dem Publikum vor Augen, dass buddhistische Gebetsfahnen, die vor einem Thai-Restaurant wehen sollten, bei starkem Wind "von Bad Tölz in alle Welt" flögen, dass ein Wohnhaus so aussieht, "dass es einen würgt", oder auch ein Zaun dergestalt, "dass Sie beim Hinschauen eine Herzattacke bekommen".

In einer kurzen Abschiedsrede zitierte Strunz den römischen Architekten und Ingenieur Marcus Vitruvius Pollio, der im ersten Jahrhundert nach Christus lebte. Dieser bezeichnete Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Schönheit) als Hauptanforderungen an die Architektur. Aber gerade die Schönheit sei nicht mehr so wichtig, bedauerte der Stadtbaumeister. Nach der Neufassung der Bayerischen Bauordnung im Jahr 2005 sieht er "die Gefahr, dass der Pfeiler Schönheit schwindet". In diesem Zusammenhang bezeichnete er die Energiewende als "Wolf im Schafspelz", weil dadurch "zum Teil abenteuerliche Fotovoltaikanlagen auf Dächern" möglich seien. Was Barrierefreiheit angehe, so sei sie zwar "grundsätzlich etwas Gutes", allerdings verhindere sie auch solch schöne Altstadtpflaster wie am Jungmayrplatz - "da geht der Charakter der Altstadt verloren". Und zum Bau preiswerter Wohnungen richtete er den Appell an die Stadträte: "Vergesst bitte nicht, dass wir in Tölz die Wohnungsnot nicht lösen durch falsche planerische Gestaltung."

Mit Florian Ernst steht der künftige Stadtbaumeister schon seit Oktober 2017 fest. Hannes Strunz forderte die Mitglieder im Bauausschuss auf, seinem Nachfolger ebenso zu glauben wie ihm selbst - "damit unsere Stadt lebenswert bleibt". Dem großen Schlussapplaus der Stadträte fügte Bürgermeister Josef Janker (CSU) noch die Erfahrung hinzu, dass die Vorschläge von Strunz in diesem Gremium "wesentlich weniger oft abgelehnt wurden als meine eigenen".

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