Süddeutsche Zeitung

Lesung mit Musik in Bad Tölz:Der größte Spaß seit Regenwurmgedenken

Lesezeit: 2 min

Stefan Murr, Heinz-Josef Braun und Johanna Bittenbinder präsentieren Lesung "Käfer Mary und Graf Bremsula"

Von Barbara Briessmann, Bad Tölz

"Draußen pfui, drinnen hui", der Song von Grashupfer Hubsi passt am Sonntag in Tölz zwar nicht zur Wetterlage, aber versetzt das Publikum sogleich in Hochstimmung. Ein Junge beweist durch lautstarken Gesang, dass er ein Fan von "Käfer Mary und Graf Bremsula" ist und offensichtlich die gleichnamige CD in- und auswendig kennt. Den lustigen Insektenkrimi aus Bayern mit Musik für Kinder ab sechs Jahren und Erwachsene haben sich Heinz-Josef Braun und Stefan Murr ausgedacht, in der "Lust" in der Alten Madlschule lösen sie zusammen mit Schauspielerin Johanna Bittenbinder Begeisterung aus.

Die märchenhafte Geschichte spielt am Rande einer Almwiese. Es ist "der schönste Sommer seit Regenwurmgedenken". Nur die Würmerfamilie hat Spaß im Nass. In der Tankstelle von Käfer Mary wird aus Frust über das Wetter "Insekt, ärgere dich nicht" gespielt, was die Laune aber auch nicht hebt. Bis Fritz Eglinger im Radio den aktuellen Hit vom Österreicher Hubsi, dem Grashüpfer, spielt, der in Nebelschwaden gehüllt in die Tankstelle kommt. "Den Hintern gelupft und mitgehupft", fordert der Schlagerstar unter den Insekten seine Freunde auf. Eglingers Stimme aus dem Radio kommentiert: "Da zuckt doch der Fühler."

Zugleich ist das Gejammer im Schilfschloss von Graf Bremsula und seiner Frau, der Matz von Zeckenstein, groß. Durch den verregneten Sommer bleiben die Touristen und Badegäste am See aus, die Nahrungsquelle der Blutsauger. Der Hunger bei den Bremsen, Mücken, Zecken und Läusen wird unerträglich und mündet in einen Aufstand gegen den Grafen. Bei der Großdemo wird "Mehr Blut für Blutsauger!", "Gesetzliches Mindestblut!" und "Blut für die Welt!" gefordert. Als der Postbote mit dem Namen Heischreck Toni die bestellten Blutkonserven für die Matz nicht dabei hat, saugt sie ihn fast aus. Das bringt den Grafen Bremsula auf die Idee: "Wir stechen jetzt die Krabbeltiere." Mit einem "O'zapt is" stürzen sich die Blutsauger auf die bislang friedliche Wiesn, nachdem sich die Sonne wieder gezeigt hat. Mit einer List und einem "Wiesn-Hit" können die Käfer Mary und der Grashupfer Hubsi dem mörderischen Juckreiz-Treiben ein Ende setzen. "Tomaten, Tomaten, kann ich dir nur raten." Am Schluss werden die Blutsauger mit Cocktails aus Früchten mit rotem Saft besänftigt.

Knapp eine Stunde dauert die bayerische Lesung mit Musik, die am Ende auch die Erwachsenen von den Stühlen in der ausverkauften "Lust" reißt. Kein Wunder bei der hochkarätigen Besetzung auf der Bühne: Die drei sind nicht nur einem bayerischen Publikum bekannt. Stefan Murr studierte an der Otto-von-Falckenberg-Schule in München, hatte erste Rollen an den Kammerspielen. Im Fernsehen spielte er unter anderem in mehreren Tatorten mit. Seit 2009 bereichert er das Ensemble des Singspiels am Nockherberg. Dort ist er Double von Karl-Theodor zu Guttenberg, Hubert Aiwanger und Florian Pronold. Am Münchner Volkstheater und am Residenztheater tritt er als Gast auf.

Sein Mitautor Heinz-Josef Braun hat Malerei an der Kunstakademie studiert, ist jetzt allerdings als Schauspieler, Kabarettist und Musiker unterwegs. Als Bassist war er bei Superlippe und Haindling dabei. Aus Fernsehen und Film ist er einem breiten Publikum bekannt, spielte auch in Marcus H. Rosenmüllers "Wer früher stirbt, ist länger tot". Die Dritte im Bunde ist Brauns Ehefrau Johanna Bittenbinder. Die renommierte Darstellerin spielte in unzähligen Filmen, darunter die Hauptrolle in den Niederbayern-Krimis "Sau Nummer vier" und "Paradies 505". Für "Zwei allein" von Stephan Wagner war sie 2014 als beste Schauspielerin für den Deutschen Fernsehpreis nominiert.

Das Trio hat am Sonntag in Bad Tölz gezeigt, wie allein durch verschiedene Stimmen ganze Charaktere und eine Geschichte lebendig werden können. Das beeindruckte auch eine sonst sehr kritische Elfjährige, die anfangs enttäuscht gewesen war, dass sie kein Theaterstück zu sehen bekam. Ihr Urteil: "Das war dann doch sehr gut."

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Quelle:
SZ vom 29.03.2017
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