Lesung in Schäftlarn:"Wenn ich mal tot bin, mach ich, was ich will"

Lesung in Schäftlarn: "Sterbelieder fürs Leben": Marianne Sägebrecht, Andy Arnold und Josef Brustmann bei ihrem Auftritt in der Auferstehungskirche.

"Sterbelieder fürs Leben": Marianne Sägebrecht, Andy Arnold und Josef Brustmann bei ihrem Auftritt in der Auferstehungskirche.

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Sterbelieder fürs Leben" mit Marianne Sägebrecht, Josef Brustmann und Andy Arnold

Von Sabine Näher, Schäftlarn

Wo könnte ein Programm mit dem Titel "Sterbelieder fürs Leben" besser dargeboten werden als in einer Auferstehungskirche? Und so bot die Auferstehungskirche in Ebenhausen am Sonntagabend bei nass-grauem Wetter, das dem Volkstrauertag alle Ehre machte, den passenden Rahmen für diese Lesung mit Musik. Die Texte ausgewählt und vertont hat Josef Brustmann, der in der Region einen Namen hat als Kabarettist, Musiker und Lyriker. Für die Rezitation konnte er Marianne Sägebrecht gewinnen, die als Schauspielerin vom Bildschirm wie von der Bühne gleichermaßen bekannt ist. Entsprechend groß war der Andrang in Ebenhausen - sehr zur Freude der Evangelischen Kirchgemeinde, die als Veranstalterin fungierte.

Es sei bereichernd, sich mit dem Thema Sterben zu befassen, hatte Pfarrerin Elke Stamm eingangs gesagt. "Im Umgang mit Sterbenden kann man spüren, wie sich der Himmel öffnet." Eine gewisse freudige Offenheit war dann tatsächlich auch in den vorgetragenen Texten zu spüren - wie auch im Umgang der Künstler mit dem immer noch allzu oft tabuisierten Thema. Der erste Blick auf den Programmzettel, der mehr als 50 Nummern auflistete, erstaunte zwar ein wenig, doch bald wurde klar, dass hier viele kleine Mosaiksteinchen zu einem großen Bild zusammengesetzt werden. Eine einzige Assoziationskette verknüpfte Wort- und Tonelemente der unterschiedlichsten Art zu einem bunten Teppich, dessen kontrastierende Farben erstaunlich gut harmonierten.

Alleine schon das Instrumentarium: Brustmann spielte Klavier, Zither, Mundharmonika und sang. Andy Arnold trat als Komponist wie Klarinettist, Saxofonist und Flötist hinzu. So folgten Stücke mit tief anrührendem alpenländischen Kolorit auf das immer ein wenig vorlaut und allzu selbstbewusst tönende Saxofon, das sofort Bar-Atmosphäre heraufbeschwört; mal klang Brustmann, sich selbst am Klavier begleitend, fast wie Konstantin Wecker, dann wieder wie der Protagonist eines Volksmusikabends. Ähnlich groß das Spektrum der Texte, die Sägebrecht mit ihrem natürlichen, unmanierierten Tonfall vortrug, ohne je ins Pathetische abzugleiten. Ganz im Gegenteil las sie mitunter betont sachlich. Aber gleichwohl mit einem guten Gespür für komische Elemente, die erstaunlicherweise trotz der ernsten Thematik immer wieder aufblitzten, nach dem Motto: "Wenn ich mal tot bin, mach ich endlich, was ich will."

Von Brentano, Heine und Eichendorff über Trakl, Rilke und Hesse, Brecht, Kästner und Ringelnatz bis zu Robert Gernhardt, Hanns Dieter Hüsch und Josef Brustmann selbst reichte die Palette der Autoren. Musikalische Anleihen machte Brustmann als Komponist und Arrangeur bei Franz Schubert (dessen Lieder einmal mit Zither zu hören, wirklich eine ganz besondere Erfahrung war), den Beatles und der Volksmusik. Eine irre Melange, die das Publikum fast eineinhalb Stunden lang fesselte - und forderte. Am Ende sangen Brustmann und Sägebrecht im Duett "Es waren zwei Königskinder", deren unglückliche Liebe ja bekanntlich mit einem allzu frühen Tod endete.

Nach herzlichem Applaus kam Sägebrecht auf ihre persönliche Motivation für dieses Programm zu sprechen: "Es geht uns um Aufmerksamkeit für die Hospizbewegung." Sie selbst gehe regelmäßig in ein Münchner Hospiz, um dort vorzulesen. "Sich bewusst mit dem Sterben auseinanderzusetzen, eröffnet einen ganz neuen Blick auf das Leben." Ihr und den beiden Musikerkollegen läge dieses Programm jedenfalls so sehr am Herzen, dass sie es aufführen wollten, bis sie alle "alt und grau" seien.

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