Zu „Ein Notfallplan für die Pflege“ vom 3. April:
Das Gründen und Betreiben eines ambulanten Pflegedienstes ist in erster Linie eine sehr bürokratische Angelegenheit. Das weiß jeder Inhaber, und vielleicht sollten die Beteiligten in Münsing auch mal diejenigen in ihre Planungen mit einbeziehen, die seit Jahrzehnten in diesem Beruf arbeiten. Ich gehe davon aus, dass auch kommunal gegründete Pflegedienste täglich mit neuen Formularanforderungen von den Kassen zubombardiert werden, was die Preise für die Pflege fast schon monatlich steigen lässt. Wenn dann der nette, fest angestellte Nachbar nach Vorschrift auch tariflich bezahlt wird, kann der „Ratsch“ mit dem Pflegebedürftigen sehr teuer werden.
Das Projekt der Quartierspflege ist nicht neu. Wir mussten es nach zwei Jahren fallen lassen, weil sich eben keine Nachbarn oder Studenten fanden, um die Idee umzusetzen. 25 Millionen Euro will der Freistaat dafür zur Verfügung stellen, dazu 20000 jährlich auf fünf Jahre für die neuen kommunalen Pflegedienste. Eine Menge Geld für den Aufbau zusätzlicher Bürokratie. Denn warum sollte ein neu gegründeter kommunaler Pflegedienst andere und mehr Mitarbeiter finden als ein bereits bestehender mit vielen Jahren Erfahrung?
In der Pflege hat sich in den letzten drei Jahren viel getan. Die Ausbildung ist intensiviert worden, die Bezahlung hat sich verbessert und wurde tarifgebunden. Für Patienten bedeutet das zuerst einmal eine Erhöhung der Preise. Hier muss als erstes angesetzt werden. Die Pflegeversicherung wurde vor 30 Jahren als Teilkaskoversicherung eingeführt. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Mittlerweile ist Pflegebedüftigkeit wieder ein Armutsrisiko. Zweitens müssen die Dienste endlich von ihren bürokratischen Fesseln befreit werden, die sich irgendein Fachfremder ausgedacht hat. Lasst uns einfach unsere Arbeit machen, dann können wir auch den zusätzlichen Bedarf an Pflege stemmen und gute Arbeitsbedingungen schaffen. Was soll denn bitte der Sinn davon sein, zweistellige Millionenbeträge in den Aufbau alter, verkrusteter und nicht funktionierender Strukturen zu stecken?
Günter Wagner, Geretrsied