Lernfest:Clowns, Roboter und Bossa nova

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Wer Lust hat zu staunen und Neues zu erfahren, fühlt sich im Kloster Benediktbeuern gut aufgehoben - dafür sorgen rund 300 Aktive, die ein buntes und breit gestreutes Programm in Szene setzen.

Von Suse Bucher-Pinell

Die Pfadfinder Benediktbeuern vom Stamm Dominikus Savio machen es richtig. In ihrer Jurte im Meierhof knistert ein Feuer, der Rauch will an diesem verregneten Morgen zwar nicht so richtig durch die Öffnung in der Spitze abziehen, dafür ist es wohlig warm in dem düsteren Rund. Im grünen Emailletopf über den Flammen dampft schon ein deftiges Chili con Carne für mittags. Am liebsten möchte man hier drin bleiben, draußen ist es nass und kalt. Vier Grad. Das Lernfest 2014 beginnt ungemütlich.

Die Begeisterung bei den Akteuren, insgesamt etwa 300, scheint das kaum zu trüben. Clowns wirbeln durch den Meierhof und versuchen die noch wenigen Besucher mit ihren Grimassen zum Lachen zu bringen. Schon etwas ernster geht es bei den Schülern von der Arbeitsgruppe Robotik am Gymnasium Geretsried zu. Sie stehen in einem offenen Pavillon und lassen immer und immer wieder einen Roboter über einen Tisch fahren, der störende Gegenstände darauf erkennt und wegschiebt. Mit Hingabe erklären die Zehnjährigen seine Funktionsweise und unken verschmitzt, dass aus dem Maschinchen vielleicht mal ein Aufräum-Roboter fürs heimische Jugendzimmer werden könnte. Gefallen würde ihnen das ganz offensichtlich.

Jacob Rohm denkt derweil eher an spannenden Unterricht. Er vertritt die Eberhard Kuenheim Stiftung auf dem Lernfest, die am selben Stand für eine Zusatzausbildung für Lehrer, Erzieher und Pädagogen wirbt. Über ihr Projekt "Junge Vor!Denker" sollen philosophische Fragen mit Mathematik und Naturwissenschaften verknüpft werden - im Unterricht, nicht freiwillig als Wahlfach. Wie viel ist genug? könnte beispielsweise eine Aufgabe lauten. Oder: Wem gehört die Natur? "Reflexion ist eine Kulturtechnik wie Lesen", sagt Rohm. Sich eine eigene Meinung zu bilden sei unbedingt zu fördern, auch dazu animiere das Projekt.

Sowohl die Robotik-Arbeitsgruppe als auch die Vordenker gehören zum TUM Schulcluster Benediktbeuern, einem Zusammenschluss mehrerer Schulen, der Technischen Universität München (TUM) und dem Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern, wo die Fortbildungen abgehalten werden.

So groß das Angebot ist, das die Veranstalter Lernende Region Tölzer Land, Jugendstätte Königsdorf, Katholisches Kreisbildungswerk, Kloster Benediktbeuern und Landkreis kostenlos mit etwa 300 Akteuren zur Verfügung stellen, so verschieden ist es auch. In den Räumen des Klosters, im Warmen, werden Workshops abgehalten. Percussion, Hypnose, Lach-Yoga. Peter Maier macht zwei Dutzend Interessierte mit seiner Stimmanalyse bekannt, und erklärt ihnen, dass jeder Ton in der Stimme für eine spezielle Eigenschaft stehe. Daraus könne man ableiten, für welchen Beruf man geeignet sei und wovon man besser die Finger lasse. "G steht für Kommunikation und Führung, Fis für Kreativität und Vielseitigkeit." Die Zuhörer hängen an seinen Lippen.

Zu Mittag sind die Bänke draußen fast trocken. Von der Bühne klingt ein Bossa nova herüber, irgendwo ertönt Blasmusik. Es ist um einiges wärmer geworden und immer mehr Besucher strömen ins Kloster. Noch außerhalb der Mauern locken die ersten Mitmachangebote. Ein Ahornbaum zum Klettern, Biathlon zum Ausprobieren. Eltern laufen zu Höchstform auf, wenn sie ihre zum Teil sprachlosen Kinder dabei beobachte. "Super, klasse, toll." Ohs und Ahs provoziert auch der Audi-Showcar mit seiner Filmprojektionsfläche, auf der Heckscheibe. Der mobile Basketball-Court und der Segel-Simulator sind Besuchermagnete. Ganz andere Gedanken treibt die Gruppe "Gemeinschaftlich Wohnen" um, die am Tölzer Mehrgenerationenhaus angesiedelt ist. Sie sucht ein Haus oder Grundstück für ihr Projekt. "Wir wollen das Modell Großfamilie wieder beleben", sagt Gerhard Grasberger.

Natürlich geht es auch um Gesundheit. Diabetes, die neue Volkskrankheit, an der allein in Bayern über eine Million Menschen erkrankt sind, wird bei einer Podiumsdiskussion thematisiert. Nicht der Zucker an sich, sondern mit zu hohem Zuckerkonsum verbundenes Übergewicht und zu wenig Bewegung fördern die Krankheit und Folgeerkrankungen. Heilbar ist sie derzeit noch nicht, wohl aber behandelbar. Auch dafür müssen die Betroffenen bereit sein, immer Neues zu lernen. Die Plätze sind spärlich belegt im Zelt bei der Bühne. Jetzt, da es doch noch so schön geworden ist, schlendern die Besucher lieber übers Freigelände.

© SZ vom 19.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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